Das Hochamt der Partei beginnt: Am Wochenende strömen die Würdenträger der SPD nach Hamburg, um dort Kurt Beck zu huldigen, der neuen Heiligkeit der Sozis. Nach dem listigen Coup, mit der Verlängerung des Alg I gleichzeitig die Partei hinter sich zu scharen und Vizekanzler Müntefering politisch umzubringen, darf der Parteichef auf Respekt und Schulterklopfen hoffen. Allerdings könnten ihm die Folgen seines Machtpokers noch schwer im Magen liegen. Denn der aktuelle Minister für Arbeit und Soziales hält rein gar nichts von Becks Alg-I-Idee (aus vielerlei guten Gründen), soll aber in der Koalition das Kleingedruckte aushandeln, um den Willen seines Parteichefs in Gesetzesform zu gießen! Auch wenn die Bundeskanzlerin im Grundsatz der Alg-I-Verlängerung zustimmt - da wird es noch haken und knirschen. Denn einer wie Müntefering lässt sich nicht verbiegen. Konsequent wäre es also, wenn Beck an Münteferings Stelle ins Merkel-Kabinett eintreten würde. Er könnte dann schon einmal üben - den Spagat nämlich, die Illusionen der Basis mit den Zwängen der Regierungsarbeit zu vereinen. Im Übrigen dürfte die Große Koalition auch über das Wahljahr 2009 hinaus fortgesetzt werden, sollten die Umfragewerte der Parteien im Wesentlichen so bleiben wie derzeit.
Doch Kurt Beck wird sich nicht als Vizekanzler und Arbeitsminister verdingen wollen. Ihm ist es lieber, außerhalb des Boxrings zu bleiben. Dort kann er sagen, was er will. Ohne Regierungsverantwortung, wie alle Opportunisten in der Opposition. So kann er geschmeidig die kommenden Landtagswahlkämpfe führen und sich für den großen Showdown 2009 warmlaufen. Taktisch mag das alles richtig sein. Charakterstark ist es nicht. Lesen Sie ab Seite 32 die Reportage von stern-Autorin Ulrike Posche über Kurt Beck, der das Politik-Raumschiff Berlin noch nicht betreten mag. Der Unternehmer und Philanthrop Ronald S. Lauder, Erbe des Kosmetik-Imperiums von Estée Lauder, besitzt die wohl größte private Kunstsammlung der Welt - und das zweitteuerste Bild überhaupt: das Porträt "Adele Bloch- Bauer I", das der Wiener Sezessionist Gustav Klimt 1907 von der Gattin des Zuckermagnaten Ferdinand Bloch-Bauer gemalt hatte. 135 Millionen Dollar soll Lauder 2006 für das Werk gezahlt haben. Es war der fulminante Schlussakkord im spektakulärsten Streit um die Rückgabe sogenannter Raubkunst. Pikant: Lauder selbst hatte den Bloch-Bauer- Nachfahren jahrelang geholfen, das Bild von Österreich zurückzufordern. Nun präsentiert Lauder, 63, der jüngst zum Präsidenten des Jüdischen Weltkongresses gewählt wurde, die neue "Mona Lisa von Manhattan" in einer grandiosen Klimt-Schau in seinem Privatmuseum an der New Yorker Fifth Avenue. Für den stern öffnete er ausnahmsweise auch die Türen seines Büros im New Yorker General Motors Building. Kulturchefin Silke Müller und Reporterin Christine Claussen standen vor einer unüberschaubaren Ansammlung deutscher zeitgenössischer Malerei, mittelalterlicher Büsten, antiken Glases, vor Gold- und Silberobjekten, Kunstgewerbe der Wiener Werkstätte und - alten Telefonen, jedes mit funktionierender Leitung (Seite 226).
Eine Frau zwischen Leben und Tod traf stern-Autorin Stefanie Rosenkranz in Paris. Als einzige deutsche Medienvertreterin konnte sie mit der nur noch 32 Kilo wiegenden Isabelle Caro sprechen. Die Französin hatte traurige Berühmtheit erlangt, nachdem der Fotokünstler Oliviero Toscani mit einem Bild von ihr auf Plakaten vor Anorexie gewarnt hatte. Sie selbst hält sich allerdings nicht für zu dünn. Ihre unglaubliche Geschichte beginnt auf Seite 46.
Herzlichst Ihr
Andreas Petzold