J. Peirano: Der geheime Code der Liebe Mein Mann ist gestorben und ich stehe allein mit den Kindern da

Tatjana B. hat Ihren Mann verloren. Sie muss alleine durchs Leben gehen und gleichzeitig für ihre kleinen Kinder funktionieren. Ihre Kräfte reichen oftmals nicht für die Aufgaben. Was kann Tatjana tun, um die düsteren Tage zu überstehen?

Liebe Frau Peirano,

mein Mann ist vor fünf Monaten plötzlich an einem Aneurysma gestorben. Ich habe zwei kleine Kinder und versuche, mich so gut ich kann um die beiden kleinen Mäuse zu kümmern und halbtags zu arbeiten. Aber ich habe richtig schwarze Tage, an denen ich mich zu nichts aufraffen kann und nur verzweifelt und traurig bin. Ich habe manchmal Angst, dass es nicht mehr besser wird und sehe keinen Sinn mehr am Leben. Natürlich würde ich mir nichts antun, weil ich ja für die Kinder da sein muss. Aber wie überstehe ich diese schlimmen Phasen? Meine Eltern sind recht alt und können mir nicht helfen, und meine Freundinnen haben alle selbst mit ihrer Familie genug zu tun. Ich kann nicht dauernd um Hilfe bitten.

Ihre Tatjana B.

Porträt Dr. Julia Peirano
© Kirsten Nijhof

Dr. Julia Peirano: Der geheime Code der Liebe

Ich arbeite als Verhaltenstherapeutin und Liebescoach in freier Praxis in Hamburg-Blankenese und St. Pauli. In meiner Promotion habe ich zum Zusammenhang zwischen der Beziehungspersönlichkeit und dem Glück in der Liebe geforscht, anschließend habe ich zwei Bücher über die Liebe geschrieben. 

Informationen zu meiner therapeutischen Arbeit finden Sie unter www.julia-peirano.info.

Haben Sie Fragen, Probleme oder Liebeskummer? Schreiben Sie mir bitte (maximal eine DIN-A4-Seite). Ich weise darauf hin, dass Anfragen samt Antwort anonymisiert auf stern.de veröffentlicht werden können.

Liebe Tatjana B.,

Sie stecken mitten in der Trauerphase! Es ist völlig normal, dass Sie Zeit brauchen, um über den Verlust Ihres Mannes hinweg zu kommen und Ihr Leben neu zu ordnen. Als Mutter von zwei kleinen Kindern ist das zum Teil noch schwerer, da Sie ja täglich funktionieren und die Kinder versorgen müssen. Sie können wirklich stolz auf sich sein, dass Sie sich täglich bemühen, für Ihre Kinder da zu sein und auch Geld zu verdienen! Wenn es Tage gibt, an denen Ihnen das nicht möglich ist, machen Sie sich bitte keine Vorwürfe, sondern sehen Sie, dass Sie Ihr Bestes geben. Vielleicht können Sie jetzt schon eine Mutter-Kind-Kur beantragen, um in einer ruhigen Umgebung mit Kinderbetreuung wieder zu Kräften zu kommen? Und Sie könnten sich bei Ihrer Krankenkasse oder Ihrer Ärztin erkundigen, welche Hilfen es für Mütter in Ihrer Situation gibt (z.B. Haushaltshilfe).

Trauerprozess nach dem Tod des Partners

Zu einem "normalen" Trauerprozess gehören starke Stimmungsschwankungen und Tage der Kraftlosigkeit dazu. Viele Trauernde erleben, dass an einigen Tagen die Normalität fast wieder einkehrt, während an anderen Tagen schon die kleinsten Aufgaben wie ein Berg vor einem stehen. Wichtig ist, dass Sie sich immer wieder vor Augen halten (vielleicht durch ein Post-It am Spiegel): Diese Krise geht irgendwann vorbei, und Sie werden danach stärker sein als vorher. Allerdings ist es wichtig, dass Sie Ihren Gefühlen (auch den negativen wie Schmerz, Trauer, Angst…) genügend Raum geben und diese durchleben. Je mehr Sie sich jetzt darum kümmern, Ihre seelische Wunde zu verarzten, desto besser und unbelasteter werden Sie am Ende der Trauerzeit daraus hervorgehen.

Eine praktische Methode: Wie wäre es, wenn Sie sich eine Kiste kaufen, in der Sie Dinge sammeln, die Ihnen bei der seelischen Wundversorgung und an besonders düsteren Tagen helfen?
Sie könnten sich Aktivitäten überlegen und durch einen Gegenstand darstellen, die Ihnen in bestimmten Verfassungen gut tun.
Zum Beispiel:

Kommentare erwünscht!

Liebe Leserinnen und Leser,
Ihre Kommentare sind eine große Bereicherung für meine Beiträge – vielen Dank und bitte weiter so! Ich freue mich über Ihre eigenen Erfahrungen sowie über Ihre Gefühle und Gedanken beim Lesen der Frage. Aber bitte denken Sie daran, dass hier jemand etwas Intimes von sich preisgibt. Dazu braucht man einen geschützten Raum. Deshalb schreiben Sie bitte stets respektvoll und konstruktiv. Abwertende und gehässige Beiträge (gegen die ratsuchende Person, andere Leser oder gegen mich) werden nicht veröffentlicht, da sie den geschützten Raum gefährden.

Herzliche Grüße, Julia Peirano

• Wenn ich durcheinander und traurig bin, schreibe ich Tagebuch (legen Sie das Tagebuch in die Kiste).

• Wenn ich erschöpft bin, gucke ich eine Staffel mit lustigen, spannenden oder interessanten Serien (z.B. Krimis, Familiensagas, Humor).

• Wenn ich mich ablenken will, backe ich Kuchen oder Plätzchen (legen Sie am besten schon das Rezept in die Kiste und stellen Sie in einem guten Moment die Zutaten bereit.)

• Wenn ich mich entspannen will, gehe ich in die Badewanne oder betreibe in Ruhe Körperpflege oder ich höre eine CD zur Achtsamkeit, eine Körperreise oder Yoga Nidra (einer entspannenden yogischen Bewusstseinsübung). Hören Sie doch einmal auf Youtube in entsprechende CDs hinein und kaufen Sie sich einige je nach Ihrem persönlichen Geschmack.

• Wenn ich mich ordnen will, räume ich ein paar Schubladen oder Regale auf, bügle, mache to-do-Listen…

• Wenn ich mich körperlich auspowern will, gehe ich zu Schwimmbad x (am besten packen Sie vorher eine Schwimmtasche vor und erkundigen sich nach den Öffnungszeiten). Oder ich fahre mit meinem Fahrrad folgende Runde oder gehe walken, laufen etc.
• Wen kann ich anrufen, wenn ich reden möchte? Wenn keiner da ist, hilft die Telefonseelsorge − Sie könnten auch da die Nummern und Sprechzeiten vorbereiten.

Beobachten Sie sich doch in den nächsten Wochen mal im Alltag und benennen Sie ihre Gefühlszustände: Müde, erschöpft, angespannt, deprimiert, einsam, mit Vorfreude, durcheinander etc. Und überlegen Sie sich, was Ihnen in genau dem Moment gut tun würde – und packen Sie die Idee oder ein Symbol in die Kiste.
Das mag jetzt etwas einfach klingen, aber es ist extrem hilfreich. Denn leider funktioniert manchmal in Krisensituationen der praktische Teil des Gehirns nicht so gut, der hilfreiche Einfälle hat und diese umsetzen kann. Deshalb ist es gut, wenn Sie das vorher in guten und klaren Momenten vorbereiten und sich durch die Kiste dran erinnern.
Außerdem empfehle ich Ihnen, sich therapeutische Unterstützung zu holen, damit Sie in Ihrer Krise begleitet werden, Anregungen erhalten und sich Ihren Kummer von der Seele reden können.

Ich wünsche Ihnen viel Kraft für die kommende Zeit!
Herzliche Grüße Julia Peirano 

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