punkt.de verbindet Studierende aus Bochum und Ulan Ude
Manchmal ist ein Seminar an der Uni nach drei Monaten nicht vorbei. Manchmal ist das Ergebnis nicht der Schein für die bestandene Klausur, sondern etwas dauerhaftes - ein Projekt, das über die Veranstaltung hinaus bestehen bleibt. Im Wintersemester 1998/99 gab es eins dieser besonderen Seminare am Germanistischen Institut der Ruhr Universität Bochum. Prof. Dr. Hans-Rüdiger Fluck wollte seinen Studenten »Elektronische Zeitschriften« näher bringen. Er hat ihnen so viel beigebracht, dass seitdem Studierende aus Bochum gemeinsam mit Studenten aus Ulan Ude (Burjatien/Ostsibirien) ein Online-Journal als »Forum für deutsche Sprache, Literatur und Landeskunde« im Internet publizieren - punkt.de.
Yura Oleinik ist Russlandkorrespondent für punkt.de. Aus Petrosawodsk schreibt er über Bahnreisen quer durch das riesige Land, seine Stadt und Uni oder die Rolle der Autos im russischen Straßenverkehr. Aber nicht nur Yuras Themen sind vielfältig. Unter http:/punktde.ruhr-uni-bochum.de/ steht eine Reportage über Kopfbedeckungen in Sibirien, die den Mitteleuropäer schmunzeln lässt, einträchtig neben wissenschaftlichen Aufsätzen aus dem weiten Feld der Germanistik. »Nominalkomposita mit substantivischem Erstglied in der Frauenzeitschrift Allegra Ende der 90er Jahre« sind nicht weniger interessant als »Die deutschsprachige Minderheit in Dänemark«. Neben dem burjatischen und deutschen Redaktionsteam tragen freie Mitarbeiter aus China, Frankreich, Russland und Spanien zum inhaltlichen Angebot bei. Mit »GermaniKuss«, einem deutschsprachigen Internet-Magazin aus Moldawien besteht zusätzlich ein reger Austausch von Ideen und Artikeln. Die Berichte und Reportagen sollen verbinden und Studierenden aus aller Herren Länder dabei helfen, sich besser kennen zu lernen. Dazu sind sie frei in Gestaltung und Themenwahl - sie müssen nur auf Deutsch verfasst sein. Den Bezug zum Deutschlernen oder -lehren stellen die Autoren selbst her. Fast alle studieren Deutsch oder sind Germanisten.
Das ambitionierte Projekt existiert nicht aus reinem Selbstzweck. Obwohl in ehrenamtlicher Arbeit erstellt, finden sich professionelle Informationen und Hilfen für alle, die irgendwo auf der Welt Deutsch lernen, lehren oder sich für Land und Leute interessieren. punkt.de ist ein Netzwerk, dessen Mitglieder ein gemeinsames Interesse an der deutschen Sprache haben. Das Format Online-Journal stellt mit Hilfe des Internet nicht nur Kontakte her, die »offline« schwieriger zu pflegen wären - alle Beteiligten erwerben durch die Arbeit an punkt.de auch textuelle Fähigkeiten und Kompetenz in interkulturellem Lernen und Lehren.
Das Journal im Internet soll in Zukunft weiter ausgebaut werden. Technische und inhaltliche Verbesserungen schweben den Projektpartnern vor, damit punkt.de dauerhaft im Netz etabliert werden kann. Außerdem wollen die beiden Redaktionsteams aus Bochum und Ulan Ude sich auch in Zukunft gegenseitig besuchen. Die elektronische Kommunikation ist nur die Basis - zwei Aufenthalte machten auch die persönliche Begegnung schon möglich. Und sogar die Finanzierung ist gesichert - die Volkswagenstiftung hat kürzlich erst die Förderung des Trägerprojekts »Aus- und Fortbildung burjatischer Deutschlehrer in Germanistischer Linguistik via Internet (Germnet)« mit etwa 53.000 € um zwei Jahre verlängert. (ts)