Doktorarbeiten Schluss mit der Geheimsprache

Wissenschaftliche Texte sind für den Laien kaum verständlich. Deswegen lässt das Interesse an Wissenschaft nach. Die Uni Mannheim will mit einen Preis junge Wissenschaftler dazu bringen, klar und sprachgewandt zu formulieren.

Komplizierte Sätze, für jeden Satz drei Erläuterungen als Fußnoten - wissenschaftliche Abhandlungen sind für Nicht-Wissenschaftler oft ein Buch mit sieben Siegeln. Nicht immer wegen der Thematik, sondern wegen einer kaum verständliche Geheimsprache aus Fachausdrücken und Fremdwörtern. Die Universität Mannheim hat etwas dagegen: In einer bundesweit einzigartigen Aktion will sie Wissenschaftler dazu bewegen, über ihre Forschungen in allgemein verständlicher Sprache zu berichten.

In einem Interview der in Stuttgart erscheinenden Zeitschrift 'Bild der Wissenschaft' kündigte der Mannheimer Rektor und Jura-Professor Hans-Wolfgang Arndt einen mit 3.000 Euro dotierten Preis für Doktorarbeiten und Habilitationsschriften an. Die sollen nicht nur wissenschaftlich korrekt, sondern auch sprachlich brillant sind. Der Preis solle ab Herbst einmal jährlich vergeben werden und in den ersten beiden Jahren auf Mannheim beschränkt bleiben. Doch auch andere Unis haben wohl schon Interesse angemeldet oder planen nun ähnliche Preise..

"Das sprachliche Niveau vieler wissenschaftlicher Arbeiten ist eine Zumutung"

Als Motiv für die Aktion nannte Arndt die oft viel zu komplizierte und unsaubere Sprache der Wissenschaftler. "Das sprachliche Niveau vieler wissenschaftlicher Arbeiten ist eine Zumutung", kritisierte der Jura-Professor. Viele Doktoranden bemühten sich bei ihren Dissertationen überhaupt nicht um sprachliche Brillanz. Arndt: "Was mir in den 20 Jahren meiner Arbeit als Gutachter für Dissertationen oder Habilitationsschriften an Verkrampfungen begegnet ist, an Wortungetümen oder an verqueren Sätzen, hätte ich nie für möglich gehalten." Oft habe er selbst erst den roten Faden herausarbeiten müssen, der es dem Leser erlaube, einer Argumentationskette zu folgen.

Kostet auch die Betreuer viel Zeit

Arndt schätzte, dass er 60 Prozent seiner gutachterlichen Arbeitszeit damit zubringt, "wissenschaftlich gute Dissertationen auch sprachlich auf Niveau zu bringen". Die Folge der unverständlichen Sprache vieler wissenschaftlicher Arbeiten ist nach Ansicht des Juristen ein Auseinanderdriften von akademischer und der alltäglichen Welt. Selbst wissenschaftlich vorzügliche Doktorarbeiten würden von der breiten Öffentlichkeit einfach nicht mehr zur Kenntnis genommen.

Wer Dinge auf den Punkt bringen und sie überzeugend vermitteln könne, erreiche auch die Öffentlichkeit. Wissenschaft sei kein Selbstzweck, sondern diene der Gesellschaft, betonte Arndt und nahm auch Wissenschafts-Kollegen jenseits des Dissertations-Alters nicht in Schutz: "Viele meiner Kollegen sind professoral, belehrend, langweilig. Außerdem scheuen sie davor zurück, sich auch mal drastisch, sinnlich, ironisch zu äußern."

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