Es war nur ein Tweet. Als "Mama arbeitet" erzählt Christine Finke, alleinerziehende Mutter von drei Kindern und Bloggerin, auf Twitter aus ihrem Leben. So auch am 19. Juni 2015, als ihr Sohn niedergeschlagen von den Bundesjugendspielen nach Hause kam.
Was auf diesen eigentlich harmlosen Tweet folgen sollte, konnte Christine Finke nicht ahnen: Unzählige Artikel – auch bei uns –, Interviewanfragen, aber auch Hassmails und Morddrohungen. Warum? Weil die Bloggerin vorschlug, die Bundesjugendspiele einfach abzuschaffen und eine Petition mit genau diesem Ziel aufsetzte. Plötzlich diskutierte ganz Deutschland über den Sinn und Unsinn des sogenannten Sportfestes. Die Meinungen gingen weit auseinander. Die Debatte wurde schnell sehr emotional: Wer hätte gedacht, dass gerade die Bundesjugendspiele so ein Reizthema sein können? Auf der einen Seite standen die Befürworter. Sie argumentierten mit Gemeinschaft und sportlicher Betätigung. Auf die traurigen Geschichten ihrer gepeinigten Gegner erwiderten sie, dass Kinder auch den Umgang mit Niederlagen lernen müssten. Auf der anderen Seite standen diejenigen, die die Bundesjugendspiele als Schüler selbst gehasst hatten und den Sinn eines öffentlichen Tages der Demütigungen nicht nachvollziehen können. Schließlich gebe es auch in Mathe und Deutsch keine verpflichtenden und öffentlichen Wettbewerbe.
Was sagen die Schüler?
Egal-Haltung gab es wenig – man liebt oder hasst diesen gemeinsamen Sporttag anscheinend. Die Diskussion wurde so groß, dass sich auch der Philologenverband äußerte. "Der Ruf nach Abschaffung ist kurzsichtig, albern und kommt mit Sicherheit nicht von den Schülern, die sich gerne mal vergleichen wollen", sagte der Vorsitzende der Lehrergewerkschaft, Heinz-Peter Meidinger, der deutschen Presseagentur im Sommer. Ob er seine Schüler da so gut kennt, wie er glaubt?Anti Bundesjugendspiele
Christine Finke hält sich inzwischen aus der Diskussion raus. "Ich habe die Debatte angestoßen, ich habe viel Rummel deswegen gehabt und Morddrohungen sowie anonyme Briefe und Hassmails erhalten. Den Rest der Diskussion müssen nun andere führen, und sie tun es ja auch", schreibt Finke in einer Mail an den stern. Zu ihrer Forderung, die Ausrichtung der Spiele grundlegend neu zu denken, stehe sie aber nach wie vor. Zwei Wochen hat sie sich diesen Sommer nur mit den Bundesjugendspielen beschäftigt und ihre eigentliche Arbeit als freie Journalistin ruhen lassen.
Die Petition hat in den letzten Monaten mehr als 21.000 Unterstützer gefunden. Doch hat sich auch sonst etwas verändert? Jede Schule entscheidet selbst, ob sie ein Sportfest durchführen will oder nicht. Ob an den Schulen über die Bundesjugendspiele gestritten wird und einige vielleicht darauf eingehen, zumindest die Form des Tages zu verändern, wird sich wohl erst im nächsten Sommer zeigen. "Das ist ja eine sehr langlebige Debatte – ich bin gespannt, was im kommenden Sommer auf mich zukommt, wenn die nächste Runde Bundesjugendspiele ansteht …", so Christine Finke.