Immerhin jeder vierte Hochschüler in Deutschland verlässt seine Universität ohne einen Abschluss, geht aus einer Studie des Hochschul-Informations-Systems (HIS) in Hannover hervor.
Viele bereuen es nicht
»Ich habe mein Jurastudium im siebten Semester abgebrochen und diese Entscheidung noch nie bereut«, erinnert sich ein 59 Jahre alter Sport-Journalist aus Frankfurt. Er bekam unmittelbar nach dem Verlassen der Universität ein Volontariat angeboten und konnte sein Hobby zum Beruf machen.
Lehre statt Studium
Doch nicht jeder Studienabbrecher ist zufrieden mit seiner Entscheidung: »Manchmal bereue ich, dass ich mein Studium nicht durchgezogen habe«, sagt Christoph, »aber ich wollte die hohen Anforderungen einfach nicht mehr erfüllen.« Der 23-Jährige gab sein Mechatronik-Studium nach dem ersten Semester auf, macht nun eine Ausbildung zum Fachinformatiker.
Schleichender Ausstieg
Die Motive für den Abbruch eines Studiums reichen nach Erkenntnissen der HIS-Studie von Krankheit über finanzielle Probleme bis hin zu fehlender Motivation. »Oft arbeiten Studienabbrecher nebenbei und haben die Uni schon seit mehreren Semestern nicht gesehen«, sagt Michael Lewin vom Hochschulteam des Arbeitsamts Frankfurt am Main.
Fehlende Zukunftsperspektive
Nach dem vorzeitigen Ende der Uni-Karriere fehlt den Betroffenen oft eine neue Zukunftsperspektive. Unter »www.studienabbrecher.de« geben sich Studienabbrecher im Internet Tipps, wie es weitergehen kann. Neben psychologischen Ratschlägen und Trost werden dort vor allem Ratschläge für neue Ausbildungen und eine Jobvermittlung angeboten. Inzwischen bedienen sich bereits einige Personalchefs dieser Kontaktbörse.
Keine rosigen Aussichten
Die Aussichten auf einen Job sind ohne jegliche Ausbildung trotzdem nicht rosig, betont der Vertriebsleiter der Frankfurter Zeitarbeitsfirma Manus, Christian Freund. Selbst in der Computer-Branche, die händeringend nach Fachkräften sucht, »gibt es keine Möglichkeiten mehr für Leute, die ihr Studium nicht beendet haben«, meint Freund.
Trotzdem Mehrheit gegen Aufnahmebeschränkung
Mit dem Wunsch der Politik nach festen Stundenplänen und flächendeckenden Aufnahmebeschränkung zur Reduzierung der hohen Abbrecher-Quote kann sich der Präsident der Technischen Universität Darmstadt (TUD), Johann-Dieter Wörner, dennoch nicht anfreunden. »Ich will nicht über das weitere Leben eines jungen Menschen entscheiden«, sagt er.
Studium formt
Seiner Meinung nach formt ein Studium in jedem Fall die Denkstrukturen - egal ob abgebrochen oder nicht: »Wir beobachten gerade im Bereich Informatik, dass ein erheblicher Anteil der jungen Menschen die Universität vorzeitig verlässt und direkt von der Wirtschaft eingestellt wird.«
Frank Sagawe