Tatort: Linz, Industrieviertel. Ich treffe Christoph Wiesmayr im Hafengarten. Ein Stück Land, umgeben von Gewerbebauten, auf dem Kohlrabi, Fenchel, Kartoffel wachsen und zehn Hühner ihre Eier legen. Der Kontext ist beinahe romantischer Natur. Der Platz ist ursprüngliches Schwemmland, gehört seinen Eltern, den letzten Berufsfischern an der Donau. Christoph, der Sohn, ist eine Art Heimkehrer, hat Architektur studiert und dabei die wertvollen Grünflächen in Stadträumen fürs Gärtnern entdeckt.
Der Hafengarten wird von 32 Personen gemeinsam bewirtschaftet. Die Rollen sind verteilt. Schließlich müssen im Hühnerstall täglich die Eier eingesammelt werden und auch im Garten selbst fallen spezielle Arbeiten an. So gibt es eine Gruppe, die sich beispielsweise ums Saatgut kümmert oder einen Pflanzplan erstellt.
Jeder hat sein eigenes Beet. Auf diesen 12 Quadratmetern wächst, was man selbst gerne ernten möchte. Und dann gibt es den gemeinschaftlichen Teil, der von allen betreut und beerntet wird: Kartoffeln beispielsweise oder auch das Obst, das im Garten reift, zählen dazu.

Den Namen Wiesmayr verbinde ich ab heute mit Urban Gardening. Er schuf sich mit solchen Projekten eine bezahlte Arbeit. Eine Stelle, die es vorher so nicht gab: Wiesmayr ist für Fachwissen und Vernetzung von Gemeinschaftsgärten in Oberösterreich zuständig. So verweist er mich auch auf die Tabakfabrik, ein altes Gewerbegebäude, das heute mit dem Kulturfestival Ars Elektronica und nicht mehr mit Zigarettenerzeugung in Verbindung gebracht wird. Zwischen Gewerbebau und Umzäunung findet dort Gärtnern statt. Hochbeete aneinander gereiht liefern Gemüse und Kräuter. Und binden die Menschen im Umfeld ein, bieten ihnen die Möglichkeit, durchs Gärtnern einen Bezug zum Boden wieder zu entdecken.
In Gemeinschaftsgärten werden nicht nur Obst, Kräuter und Gemüse gezogen. Es wird auch gemeinschaftlich gefeiert. Soziale Kontakte werden wieder möglich. Und zwar unter allen Altersgruppen, interkulturell, Generationen überschreitend. Denn der Hafengarten ist keine alleinige Angelegenheit der Jungen, der Facebook-Generation. Nein, da finden sich junge Familien mit ihren Kindern genauso ein, wie die 50-Plus Menschen oder Pensionisten, mit ihren oft besonderen handwerklichen Fähigkeiten. Christoph erzählt von einem der Mitgärtner, der langzeitarbeitslos ist, und im Garteln wieder neuen Sinn im Leben findet. Manchmal sind eben Fähigkeiten am Arbeitsmarkt nicht gefragt, die in Gemeinschaftsgärten höchst wertvoll sind und dankbar angenommen werden.