Das Anstrengende, aber letztlich auch Beglückende an der Bio-Kiste ist, dass sie einen mit Gewächsen konfrontiert, um die man normalerweise einen Bogen macht. Weil sie unangenehme Erinnerungen heraufbeschwören an die Tage, als man seinen Teller leer essen musste. Musste!
Jetzt liegt da also der Wirsing. Schon die Größe macht Angst. Wer soll das alles schaffen? Berge von Kohlrouladen kommen in den Sinn, die es damals auf Klassenreise in der Jugendherberge gab...
Wirsingröllchen mit Linsen-Käse-Füllung
Für 4 Personen: 1 Kopf Wirsing (ca. 800 g) putzen, in Salzwasser ca. 5 Minuten vorgaren, etwas abkühlen lassen. 8 große Blätter lösen, Blattrippen flachschneiden. Je zwei Blätter übereinander legen. 1 Zwiebel und 1 Knoblauchzehe schälen, fein würfeln und in 1 EL Olivenöl andünsten, 150 g rote Linsen abspülen und zugeben. Mit 330 ml Gemüsebrühe ablöschen und ca. 5 Minuten köcheln. Linsen abtropfen, mit 150 g gewürfeltem Ziegenfrischkäse mischen, salzen und pfeffern, auf dem Wirsing verteilen, aufrollen und mit Küchengarn festbinden. 1 Bund Suppengrün und übrigen Wirsing putzen und grob zerkleinern. 2 EL Olivenöl in einem Topf erhitzen, Wirsingröllchen darin anbraten, Gemüse zugeben, würzen. Mit 3/8 l Brühe ablöschen und alles zugedeckt ca. 30 Minuten schmoren.
Gott sei Dank bietet die Bio-Kiste die Gelegenheit, sich mit den Gespenstern der Vergangenheit zu versöhnen - eine Art kulinarischer Verhaltenstherapie sozusagen. Beim Wirsing heißt das: schmecken lernen, dass man uns die guten Seiten des Wirsings vorenthalten hat, nicht aus bösem Willen, sondern aus Unkenntnis. Denn der dicke Kreuzblütler kann sich auch ganz schlank und fein machen. Wenn man seine Blätter von den harten Rippen befreit und kurz blanchiert, werden sie zur eleganten Hülle für Fisch. Und in Sahne mit Curry oder Orangensaft und -schale gedünstet, schmecken sie köstlich zu Pasta. Ganz nebenbei bringen sie noch viel Folsäure, Kalium, Kalzium, Vitamin E und Eisen mit. Da wird es doch endlich Zeit, den Wirsing im Stillen um Verzeihung zu bitten.