Lübeck war 1884 nach dem Stammhaus in Wismar die erste Filiale von Karstadt. Jetzt schließt das Haus. Geht damit eine Ära zuende?
Ja. Für viele ist Lübeck ohne Karstadt gar nicht vorstellbar.
Gilt das auch für Sie?
Ich bin mit Karstadt groß geworden. Ich habe selbst eine persönliche Verbindung zu dem Haus.
Was für eine?
Wenn ein Warenhaus eine Stadt wie Lübeck weit über ein Jahrhundert mitprägt, ist das etwas Besonderes. Für mich war Karstadt das zentrale Kaufhaus. Mit der Schließung geht etwas verloren. Meine Oma hat dort lange Zeit gearbeitet. Ich habe dort mein Schülerpraktikum gemacht. Viele Lübecker haben solche ganz privaten Erinnerungen an Karstadt.
Sie sind seit 2018 Bürgermeister. 2019 sollte das Haus zum ersten Mal geschlossen werden. Das war also bereits in Ihrer Amtszeit.
Ja. Die erste Schließung habe ich gemeinsam mit der Belegschaft verhindert.

Wie?
Ich habe mit der Geschäftsführung verhandelt, was es an Rahmenbedingungen braucht, damit das Haus bleibt. Es ging damals hauptsächlich um den Mietpreis. Ich habe zwischen dem Gebäude-Eigentümer und Karstadt vermittelt. Am Ende kam ein Mietpreis zustande, der sowohl die Immobilie als auch das Kaufhaus-Geschäft wirtschaftlich hielt. Obwohl man schon im Abverkauf war, hat man deshalb den Verkaufsprozess gestoppt und eine weitere Standortgarantie ausgesprochen.
War der Grund für die Schließung jetzt, dass man sich beim Mietpreis dann doch nicht mehr einig war?
Das kann ich mir kaum vorstellen, denn nach meiner Kenntnis ist das ein für Karstadt sehr günstiger Mietvertrag gewesen. Auch im bundesweiten Vergleich. Deswegen ist es schwer nachvollziehbar, warum Karstadt sich nun von dem Standort verabschiedet. Die Logik hat sich mir bis zum Ende nicht erschlossen.
Auch die Mitarbeiter im Haus selbst sind verwundert darüber, wenn man sie fragt.
Man hat den Eindruck gehabt, dass wir hier vor Ort über die Immobilie mehr wissen als das Management von Karstadt. Dadurch, dass die Stadt einen Teil des Gebäudes gekauft hat, wussten wir sehr genau über die Verhältnisse Bescheid. Wir haben zum Teil mit Karstadt über Flächen diskutiert, die es so gar nicht mehr gab.
Erstaunlich.
Karstadt wollte teils technische Bedingungen besprechen, die das Objekt gar nicht betreffen, die da so nicht vorhanden sind. Da wundert man sich schon. Egal, was wir vor Ort angeboten hätten, ich glaube nicht, dass es zu einem positiven Ergebnis geführt hätte. Den Eindruck muss ich nachträglich haben. Wenn man bundesweit vergleicht, wo Standorte erhalten geblieben sind und wo nicht, haben nach meinem Eindruck nicht nur rein wirtschaftliche Kriterien den Ausschlag gegeben. Es muss andere Gründe gegeben haben.