Auf der Website der Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen herrscht Fassungslosigkeit. Die Kommentare der Betreiber sind traurig und enden mit dem einfachen Satz: "Die diesjährige Webcam-Saison endet nun schlagartig."
Naturinteressierte konnten seit Wochen beobachten, wie das Uhu-Weibchen Lotte im Ahrtal in der Nähe von Bonn zunächst brütete und dann ihre Jungen aufzog. Lotte hat Tausende Fans und bislang neun Millionen Klicks.
Nest von Uhu Lotte lag gut geschützt in einer Felswand
Eigentlich, so hätte man meinen können, sind Küken von so wehrhaften Vögeln wie Uhus sicher – zumal sich das Uhu-Nest in einer 30 Meter hohen Felswand befand. Waschbären aber kommen auch hier hin. Die geübten Kletterer überwinden beinahe jedes Hindernis.

In der Nacht von Montag auf Dienstag filmte die Webcam dann, wie ein solcher Waschbär die beiden Küken auffrisst. Mutter Lotte und Vater Leo seien zur Nahrungssuche gerade nicht im Felsnest gewesen, heißt es in Medienberichten. Weil es in der Eifel wenig Nahrung gebe und beispielsweise die Zahl der Kaninchen gesunken sei, müsse das Weibchen dem Männchen bei der Jagd helfen. Die Kleinen waren deshalb allein und schutzlos. Die Webcam dokumentierte den gesamten Angriff. Sich diesen anzusehen, sei aber nur etwas für starke Nerven, sagen die Betreiber der Webcam.
Küken versuchen sich zu wehren
Die Videoaufzeichnung zeigt, wie sich die zwei Küken aufplustern, fauchen und den Angreifer mit ihren Krallen abzuwehren versuchen. Sie wollen den Waschbären verscheuchen, aber der frisst in aller Ruhe zunächst das erste Küken auf, während das andere zuschauen muss. Und dann das zweite.
"Ich habe immer vermutet, dass in der Eifel Waschbären viele Uhu-Küken fressen. Nun gebe es auch einen Videobeweis", wird Stefan Brücher von der Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen im SWR zitiert. Für die Eifel sei dies damit auch der erste Nachweis, wie ein Waschbär ein Uhu-Nest ausräubert. Es sei jedoch gut möglich, "dass viele der uns bekannten Brutaufgaben diese Ursache haben", sagt der Uhu-Experte.
Waschbären wurden vom Menschen eingeschleppt
Dies als "natürlich" anzusehen, falle ihm schwer, denn Waschbären seien durch Menschen nach Europa eingeschleppt worden, die einheimischen Arten hätten keine gewachsenen Strategien, um mit dieser Gefahr umzugehen.
Trotz des traurigen Endes von Lottes Brut: In der Eifel sei die Uhu-Population nicht gefährdet. Der Verein weiß dort von rund 170 Uhu-Paaren und etwa fünf an der Ahr.

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Noch einmal werde Uhumutter Lotte in diesem Jahr keine Eier legen, meint Brücher. Ein zweites Mal brüten Uhus laut dem Experten nur, wenn die Brut gleich in den ersten Wochen scheitert.