Dieses Interview stammt aus dem stern-Archiv und erschien zuerst am 13. März 2024. Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden hat aktuelle Zahlen zu Schwangerschaftsabbrüchen vorgestellt. Diese sind im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Es habe 106.000 Fälle gegeben und damit 3,3 Prozent mehr als 2022. Anlässlich der neuen Statistik veröffentlichen wir das Gespräch an dieser Stelle erneut.
In Deutschland werden jährlich rund 100.000 Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt. Dennoch wird die Technik des Abbruchs im Studium kaum bis gar nicht geübt. Warum ist das so?
Marie Stein: Es gibt viele Berührungsängste mit dem Thema. Vielleicht, weil sich dabei medizinisches Fachwissen mit politischen und ethischen Bereichen überschneidet. Generell ist Medizin ein sehr konservatives Fach und bietet wenig Raum für Diskussionen und kontroverse Themen. Dazu kommt, dass Frauengesundheit im Allgemeinen unterrepräsentiert ist. Erst seit Kurzem ist beispielsweise das weibliche Genital in den Anatomiebüchern abgebildet. Das erklärt natürlich alles nicht, warum ein so häufiger Eingriff nicht gelehrt wird.
Leider ist das Thema nach wie vor tabuisiert
Vanessa Le: Bislang wurde der Schwangerschaftsabbruch an vielen Universitäten nur ethisch und rechtlich beleuchtet, wobei die Methodik viel relevanter ist. Der Schwangerschaftsabbruch ist Teil des gynäkologischen Alltags, nur leider wird das Thema nach wie vor tabuisiert.