Proteste Sie wollten einfach mal "Tacheles reden": Wie Landwirte die Eskalation in Biberach erklären

  • von Ingrid Eissele, Andy Reiner und Isabel Stettin
Daniel Burgmayer, Agraringenieur, ein Mann mit verschränkten Armen
Daniel Burgmayer, Agraringenieur, war einer der ersten, der beim Protest mit seinem Traktor vorfuhr.
Nach dem Debakel von Biberach am politischen Aschermittwoch ermitteln Staatsanwaltschaft und Polizei wegen Landfriedensbruch und Nötigung. Der stern hat mit den Bauern gesprochen, die zuerst vor Ort waren. Was trieb sie? Und wie geht es jetzt weiter? 

Sie sollen die Ersten gewesen sein, die am Aschermittwoch in Biberach mit ihren Traktoren vorfuhren, stimmt das? 
Daniel Burgmayer, Agraringenieur: Ja, wir waren um halb vier morgens vor Ort, mit 50 Traktoren.

Die Veranstaltung der Grünen sollte aber erst um 11 Uhr beginnen. Warum so früh?
Burgmayer: Den Politischen Aschermittwoch der Grünen gibt es seit vielen Jahren, sie haben öffentlich eingeladen. Wir wollten mit Ministerpräsident Kretschmann sprechen und vor der Stadthalle in Biberach Präsenz zeigen, bevor die abgesperrt wird. Wir sind zehn Bauern aus dem Raum Zwiefalten, wir haben uns um halb drei, getroffen andere schlossen sich an, wir bildeten schließlich eine Kolonne aus 50 Traktoren, die Richtung Biberach fuhr. 

Und dann enterten Sie frühmorgens mit einem Hupkonzert die Biberacher Innenstadt, wie Oberbürgermeister Norbert Zeidler berichtete?
Burgmayer: Das stimmt nicht, wir hupten nicht. 

Ein Polizei Wagen steht beim Bauern Protest in Biberach neben einem Traktor
Schon am frühen Morgen versammelten sich Protestler. Auf 1000 Demonstranten, kamen in etwa 200 Polizisten

Wie hat die Polizei auf Sie reagiert? 
Burgmayer: Zwei Streifenwagen waren schon vor der Stadthalle. Die Polizei wollte, dass wir den Platz räumen. Wegfahren wollten wir nicht. Wir wollten den Platz blockieren. Wir einigten uns darauf, seitlich zu parken und eine Rettungsgasse freizulassen. Mit diesen Beamten konnte man sprechen. Die wollten mich zum Versammlungsleiter bestimmen, weil ich der Erste war. 

Wie haben Sie Ihren Protest organisiert?
Burgmayer: Im kleinen Kreis. Wir haben nicht viel geschrieben, sondern telefoniert. Wir wollten keine Trittbrettfahrer dabeihaben und auch nicht die Polizei herausfordern. So wie wir haben sich auch in anderen Regionen Bauern organisiert, ohne dass wir davon wussten. Die hatten die gleiche Idee, nach Biberach zu fahren.
Jürgen Högner, Lohnunternehmer und Landwirt: Wir haben eine kleine Whatsapp-Gruppe mit 55 Leuten, die denken wie wir. In den großen Chat-Gruppen sind viele, die nur Mist schreiben.

Haben Sie die Grünen vorab um Redezeit gebeten? 
Burgmayer: Ja, wir haben mit dem Veranstalter gesprochen, doch die wollten, dass wir oben am Gigelsberg bei der offiziellen Bauerndemo sprechen. Das wollten wir nicht. Dort hätte uns keiner beachtet. Mein Ziel war, dass wir zehn bis 15 Minuten Redezeit unten in der Stadthalle bekommen, um der grünen Basis zu erklären, was uns stinkt.