Die Bilder aus Biberach gehören schon jetzt in jede Chronik des Jahres 2024: Dutzende Bauern blockierten mit ihren Traktoren die Zufahrten zur Stadthalle. Drinnen sollte der politische Aschermittwoch der Grünen stattfinden, eingeladen waren der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, die Parteichefin Ricarda Lang und der Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir; außerdem wollte der Alt-Grüne Jürgen Trittin seinen Abschied von der Politbühne feiern. Aus Protest gegen die Politik der Ampelregierung luden die Bauern Mist ab sowie Sandsäcke und Pflastersteine. Handwerker und Transportunternehmer schlossen sich ihnen an, dazu Bürger und Reichsbürger. Das Ergebnis: drei verletzte Polizisten, ein angezündeter Heuballen, eine zertrümmerte Autoscheibe an einem Begleitfahrzeug – und viel politische Aufregung.
Biberach gilt seitdem als weiteres Symbol für eine Wut, die sich zunehmend enthemmt auf der Straße entlädt. Die Bilder reihen sich ein in jene vom tobenden Mob an Habecks Fähranleger, von den Ampel-Galgen, an denen Politikerpuppen baumeln. Nicht immer bleibt es bei Symbolik: Im Jahr 2023 wurden Politiker 2800-mal tätlich angegriffen, sagt die Polizeistatistik; fast jeder zweite Angriff galt einem Grünen. Am vergangenen Samstag traf es erneut Parteichefin Lang. Bei einem Auftritt in Magdeburg flogen Eier, brannten Reifen – eine Stimmung wie in Biberach.
Politiker sprechen von einem Angriff auf die Demokratie. Die Bauern aus Biberach von einem Missverständnis. Die einen konnten nicht reden, die anderen wurden nicht gehört. Wer hat Schuld? Was lief schief? Hier kommen beide Seiten zu Wort.