Besuch im Libanon Papst richtet Friedensappell an Völker im Nahen Osten

Eine Friedenskultur der Religionen hat Benedikt XVI. für den Nahen Osten gefordert. Als gutes Beispiel nannte der Papst den Umgang von Christen und Muslimen im Libanon.

Einen Tag nach den Ausschreitungen in vielen islamischen Ländern gegen westliche Einrichtungen hat sich Papst Benedikt XVI. für den Aufbau einer Friedenskultur im konfliktreichen Nahen Osten stark gemacht. Der Papst forderte am Samstag im Libanon ein "neues Modell der Brüderlichkeit". Die Völker des Nahen Ostens müssten "Nein zu Vergeltung sagen", "verbale und körperliche Gewalt" unterlassen sowie "die pluralistische Gesellschaft" akzeptieren, so das 85-jährige Oberhaupt der katholischen Kirche

Benedikt XVI. richtete seine Worte an hunderte Menschen aus Politik, Religion und Gesellschaft, die Libanons christlicher Staatschef Michel Suleiman in seine Residenz eingeladen hatte. Unter ihnen waren auch viele muslimische Vertreter. Auf den blutigen Konflikt im Nachbarland Syrien und die gewaltsamen Proteste in der muslimischen Welt als Reaktion auf ein islamfeindliches Video aus den USA ging der Papst nicht direkt ein. Er mahnte jedoch, Menschen müssten "Irrtümer zugeben und Entschuldigungen akzeptieren" können.

Wer Frieden wolle, der müsse auch das Leben verteidigen, erklärte Benedikt. Diese Logik stehe nicht nur gegen Krieg und Terrorismus, sondern gegen jeden Anschlag auf menschliches Leben. Gewalt, ob körperlich oder verbal, sei immer ein Angriff auf die menschliche Würde und müsse verbannt werden, sagte der Papst.

Lob für den Libanon

Den Libanon bezeichnete der Pontifex als Vorbild. Christen und Muslime lebten seit Jahrhunderten in dem Land, nicht selten gebe es Familien mit beiden Religionen. Warum das nicht in der ganzen Gesellschaft möglich sein sollte, fragte er. Benedikt hatte seinen zweiten Besuchstag im Libanon mit einem Höflichkeitsbesuch bei dem Präsidenten eröffnet. Tausende säumten in Beirut die Straßen, um das katholische Kirchenoberhaupt auf seiner Fahrt im Papamobil nach Baabda jubelnd zu begrüßen. Sie schwenkten Fähnchen in den Landesfarben und denen des Vatikans.

Nach der Unterredung mit Suleiman, einem maronitischen Christen, kam es auch zu einer Begegnung mit führenden Muslimen des Libanons. Am Abend wollte sich Benedikt in Bkerké am Sitz des maronitischen Patriarchats an die junge Generation wenden.

Am Freitag, dem ersten Tag seiner dreitägigen Reise, hatte Benedikt XVI. einen Stopp aller Waffenlieferungen nach Syrien gefordert. Zudem unterzeichnete er im Wallfahrtsort Harissa nahe Beirut das Abschlusspapier zur Synode der Bischöfe aus Nahost, die im Jahr 2010 im Vatikan getagt hatte. Für Samstagabend stand eine Messe mit Jugendlichen auf dem Programm. Nach einem Großgottesdienst in Beirut und einem interreligiösen Treffen in der Nähe der Hauptstadt soll der Papstbesuch im Libanon am Sonntagabend zu Ende gehen.

Suleiman ist einziger christlicher Staatschef in Nahost

Knapp 35 Prozent der rund vier Millionen Libanesen sind Christen, die meisten von ihnen gehören mit Rom vereinten Kirchen an. Suleiman ist der einzige christliche Staatschef im Nahen Osten, das Parlament in Beirut ist je zur Hälfte mit muslimischen und christlichen Abgeordneten besetzt. Für Benedikt XVI. ist der Besuch im Libanon die 24. Auslandsreise seit seinem Amtsantritt im Jahr 2005. Seither war er vier Mal im Nahen Osten - unter anderem in Jordanien, Israel und den Palästinensergebieten.

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DPA/AFP