Bei optimistischen Herbstsonnenschein spricht Wolfgang Gründiger über die Folgen des demografischen Wandels, die Alterung und Schrumpfung unserer Gesellschaft und die bereits zu bewältigenden aber auch die noch zu erwarteten Herausforderungen. Gleich zu Beginn des Gesprächs mit Kerstin Hummel von der "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" stellt er aber fest: Der Krieg der Generationen fällt aus: "Er lauert zwar in jedem Bücherregal mit Titeln wie Frank Schirrmachers 'Methusalemkomplott', entbehrt in der Realität jedoch der Grundlage."
Die Jugend kämpft aus seiner Sicht um ihr Recht auf Zukunft und lässt sich dabei auch nicht länger von klassischen Parolen irritieren: "Die Losung 'Leistung lohnt' sich ist so antiquiert wie das Tippen auf einer Schreibmaschine", so Gründinger. Doch trotz seiner klaren Standpunkte hält Gründinger nichts von Schwarzmalerei, gegenseitigen Vorhaltungen und aufheizenden Forderungen. Der Dialog ist ihm wichtig, Sachlichkeit – viel wichtiger als die "Nabelschau-Demografie", wie er die öffentliche Panikmache mittels Horrorszenarien à la Schirrmacher nennt.
"Der Shitstorm ist eine Erfindung der Rentner!"
Doch mit dem Dialog ist es nicht immer einfach, stellt Gründinger fest. Er als 28-Jähriger, bisher noch nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen, schreibt Bücher, redet, macht Politik – und muss allzu oft mit dem Vorwurf leben, er wolle, ohne selbst seinen Beitrag zu leisten, den Alten ans Portemonnaie. "Stimmt nicht", sagt er, "sondern den Reichen". Dass Alter und Reichtum in der jetzigen Rentnergeneration besonders kulminieren, sei eben so.
Einen Zukunftssoli kann er sich vorstellen. Ein Prozent auf alle Vermögen oberhalb von 500.000 Euro, befreit davon ist auch das Eigenheim. Klingt nicht zuviel verlangt. Doch über solche Vorschläge werde keine sachliche Debatte geführt. Ganz im Gegenteil. 80 Prozent seiner E-Mails, so Gründinger (und er lebt nach eigenen Angaben im Netz), sind beleidigend, unsachlich, böse. Bis zur offenen Drohung ist alles dabei. "Der Shitstorm ist eine Erfindung der Rentner!", wettert er und lacht dabei – und dann werde ihm noch Respektlosigkeit vorgeworfen.
Selbstoptimierung "gefressen"
Vielleicht lohnt es, sich mit Gründingers Thesen und vor allem seiner klaren Beschreibung der jungen Generation auseinanderzusetzen. Sie wollen nicht die Welt, aber sie wollen ihren Anteil. Seine Generation habe die Selbstoptimierung "gefressen" wie keine davor, die Bereitschaft Zugeständnisse zu machen sei immens.
Die Desillusionierung aber habe den Glauben an Parteipolitik sowie an Veränderungs- oder Partizipationsmöglichkeiten im größeren Rahmen längst zerstört. Der große Knall bleibt zwar aus, so Gründinger. Doch das heißt nicht, dass sich die Jüngeren nicht zu Wort melden werden, in ihrer Art – spontan, weniger organisiert, aber deswegen nicht weniger lautstark. Und sie werden einfordern, was sie wirklich wollen: ihr Recht auf Zukunft.