Es ist ein distanzierter Auftritt, der fast ins Unwahrnehmbare tendiert, eine leise, dünne Stimme, die zu weit weg vom Mikrofon flüstert, ein dunkelgrauer Anzug, eine silbrig schimmernde Krawatte, Augen, deren Ausdruck im Schatten verborgen liegt. Zdenek H. sitzt mit ineinander gefalteten Händen da, spricht nicht nur wegen seiner tschechischen Herkunft grammatikalisch einfältige Sätze, die alles erklären und doch immer wieder nach dem "Warum" fragen lassen. Der geständige Angeklagte im Mordfall Hannah wird vom Vorsitzenden Richter immer wieder aufgefordert, doch bitte etwas lauter zu sprechen.
Er zeigt keinen Ausdruck für Reue oder Emotionen, für sich und sein Opfer - ein herber Kontrast zur Gewaltexplosion, mit der er am Abend des 29. August das 14 Jahre alte Mädchen tötete. Ein arger Gegensatz auch zu den Gefühlsäußerungen der Zuschauer im Bonner Landgericht, die ihre Emotionen nur schwer im Zaum halten können, als sie die Details der Straftat noch einmal hören. Sie können es nicht fassen, sagen manche draußen im Foyer in einer Sitzungspause, dass einer so wenige Gefühle zeigt nach einer solchen Tat. Eine junge Frau sagt zur Privatfernsehkamera, der Angeklagte solle doch wenigstens zeigen, dass er sich schuldig fühlt. Doch wie es sein muss, wird er seinem Publikum nicht gerecht.
Umfassendes Geständnis abgelegt
Der erste Tag im Prozess um den Hannah-Mord von Königswinter lieferte am Dienstag das erwartete Geständnis des Beschuldigten auch vor Gericht: Zdenek H., 25 Jahre alt, ein homosexueller Tscheche, der seit drei Jahren fest in Deutschland lebt, tötete am 29. August das 1,58 Meter große und etwa 50 Kilogramm schwere Mädchen auf einem Busparkplatz im Königswinterer Ortsteil Oberdollendorf.
Es war ein Mord zur Verschleierung einer anderen Straftat - nämlich der vorausgegangenen Vergewaltigung des Teenagers. H., der nach eigenen Angaben vorher nie sexuellen Kontakt zu Frauen oder Mädchen gehabt hatte, überschritt an jenem Tag diese Grenze erstmalig und mit fatalen Folgen. Er habe an Idee gehabt, eine Frau zu vergewaltigen, berichtet H. dem Gericht. "Ich wollte das probieren, wie das ist." Warum es eine Vergewaltigung sein musste? "Ich kann das nicht erklären", stammelt der schlanke Mann kaum wahrnehmbar.
Zuschauer schockiert
Der Andrang ist gewaltig im Bonner Landgericht an diesem frühen Dienstagmorgen, und weil der Mord an einem jungen Menschen von allen außer dem Täter emotional diskutiert wird, sind auch die Schutzvorkehrungen außerordentlich. Zum ersten Mal seit langem setzt das Gericht schutzsichere Fensterscheiben auf Rollen ein, die zwischen Zuschauerraum und Angeklagten-Bank stehen, um H. vor möglichen Übergriffen aus dem Saal zu schützen. Vor dem Eingang mutmaßen zwei Zuschauer über eine mögliche Abschiebung H.s nach Tschechien, einer fordert die Todesstrafe: "Warum soll dieser Mensch überhaupt noch leben?" "Wieso, Todesstrafe bringt doch nichts, 50 Jahre Isolationshaft sind die Antwort."

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Von 50 Jahren spricht auch H.s Anwalt Uwe Krechel, und zwar als es um das Ziel für die Verteidigung geht. Die Journalisten, mit denen der Advokat genau umzugehen weiß, wollen wissen, was für eine Strafe möglich sei, und Krechel nennt die beiden Alternativen: Die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld seines Mandanten als eine, die Verurteilung wegen Mordes ohne diese Feststellung vor Gericht als die andere Option. Die Unterschiede liegt irgendwo zwischen der lebenslangen Freiheitsstrafe, die meist ja nach 15 Jahren auf Freiheit spekulieren lässt, und vielen Jahrzehnten im Vollzug. Gefühlskälte, ein hier vom Publikum den ganzen Tag über immer wieder hervorgebrachter Begriff, wäre ein gewichtiges Kriterium zur schlechteren Option für Krechels Mandanten, und so verwundert es nur wenig, dass der Verteidiger auf die Frage nach der bezweifelten Reue des Geständigen sagt: "Gefühlskalt in vollem Umfang scheint er mir nicht zu sein."
Die Erklärung für das Gewaltverbrechen ist ganz einfach: H. wollte den Geschlechtsakt mit einer Frau ausprobieren, schon seit Jahresbeginn war das Liebesleben mit seinem homosexuellen Lebensgefährten abgeflaut. An jenem Augustabend nahm er sich zuerst eine Fahrradtour vor, beschloss dann aber, den Sex mit einer zufällig gewählten Frau zu erzwingen. Mit "wie Handschellen vorbereiteten" Kabelbindern und Klebeband lauerte der junge Mann an der Stadtbahn-Haltestelle, dazu hatte er ein Messer bei sich. Hannah, die er nicht kannte, kam ihm entgegen, sie habe Angst gehabt, H. drohte, sie umzubringen, falls sie schreie.
"Ich muss sie töten"
H. fesselte Hannah und klebte ihren Mund zu, er schleppte sie dann auf das nahe gelegene Gelände einer Autofirma, wo auch Busse parken. Als Reinigungskraft arbeitete er dort und wusste, wo die Schlüssel zu den geparkten Linienbussen waren. Er schleppte Hannah in einen solchen Bus, zog ihre Hose runter, riss ihren Slip ab, fesselte ihre Beine an Haltestangen und vergewaltigte das Mädchen.
Währenddessen hatte Hannah ein Sweatshirt über dem Kopf. Er wollte nicht, dass sie ihm in die Augen schaut. Nach der Vergewaltigung zog H. Hannah wieder an und wartete mit seinem Opfer im Bus, weil noch ein anderer Bus auf das Gelände fuhr. Längere Zeit nach der Vergewaltigung stiegen die beiden aus dem Bus aus, doch da wusste H. plötzlich, "dass ich sie töten muss."
Er hatte Angst, dass sie ihn wiedererkennt. Deshalb mordete er. Der Obduktionsbericht lässt keinen Zweifel an der Brutalität dieser Tat zu, der Körper des Mädchens war durchstochen, alle Halsweichteile und ihr Kehlkopf durschnitten, auch auf dem Rücken und am Kopf fanden die Mediziner tiefe Stichwunden. Die Todesursache war schließlich "inneres und äußeres Verbluten". H. rollte sein Opfer in einer Decke ein, steckte Hannahs Kopf in eine Plastiktüte und legte sie auf dem Kamm einer nahen Böschung ab.
Er übergoss sie mit Diesel, um den Geruch zu tilgen. Doch zwei Wochen später hatte ihn seine eigene Speichelprobe überführt, die zu den Spermien passten, die in Hannahs Körper gefunden worden waren. Glaubt man dem Angeklagten, hätte er ohnehin seine Tat nicht ungestraft überleben können: "Ich bin so ein Mensch, der nicht alles für sich behält", sagt er am Dienstag, "nach einiger Zeit hätte ich gestanden."
Er hat gestanden, auch vor Gericht. Seine Strafe wird schon bald bekannt sein. Nur zwei weitere Verhandlungstage sind angesetzt, schon morgen sollen die Plädoyers erfolgen, das Urteil soll dann am 6. Dezember gesprochen werden.