Ich bin 34 Jahre alt und lebe seit über fünf Jahren in Deutschland, davor habe ich die meiste Zeit in Italien gelebt, wo ich auch geboren bin. In meiner Heimat gibt es Formate, die dem Dschungelcamp durchaus ähnlich sind, einen Ableger der Sendung gibt es in der Form aber nicht. Die Frage lautet also: Was wird eine Realityshow wie "Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!" mit mir machen?
Ich hätte mich verächtlich angesehen. Ganz sicher. Wäre ich der junge Mann gewesen, der am Sonntagnachmittag im überfüllten Flixbus von Berlin nach Hamburg neben mir saß, hätte ich mich verächtlich angeschaut.
Er trug eine viel zu große Secondhand-Jeans, lange Haare, bunt lackierte Fingernägel. Als der Bus losfuhr, zog er ein dickes Buch aus seinem schwarzen Rucksack: Marxistische Theorie. Das perfekte Klischee eines linken Studenten. Fast zu perfekt. Aber manchmal schenkt einem das Leben so einen absurden Moment. Denn als der Bus losfuhr, zog ich meinen Arbeitslaptop aus dem Rucksack, klappte ihn auf und begann zu streamen: Dschungelcamp.
So saßen wir da, Ellbogen und Knie balancierend, nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Zwei völlig fremde Welten, die sich zufällig begegneten. Nur: Mein Leben lang habe ich zur Welt meines Sitznachbarn gehört und mich wohlgefühlt. Aber seit etwa elf Tagen ist es damit vorbei. Seitdem habe ich meine Komfortzone verlassen. Das wissen Sie, wenn Sie den ersten Teil meines Selbstversuchs gelesen haben. Jetzt habe ich mein Experiment fortgesetzt, sieben weitere Folgen.
Ich möchte bei der Sendung nicht alleine sein
Das Dschungelcamp in der Öffentlichkeit zu gucken war eine Ausnahme, bisher habe ich die Sendung eher mit Freunden auf der Couch geguckt. Dazu musste ich ein paar Überzeugungsgespräche führen, mich um einen Kasten Bier kümmern und bei dem einen oder anderen Telefonat erklären, dass es sich nicht um einen Scherz handelt. Ja, ich schaue wirklich das Dschungelcamp. Ja, das ist wirklich für die Arbeit.