Wie sähe Deutschland ohne Ehrenamt aus? Man müsste es sich so vorstellen: Würde es brennen, käme in vielen kleineren Orten wohl niemand zum Löschen. Nach einem Hochwasser wären die Betroffenen noch mehr auf sich allein gestellt. Geflüchtete hätten es schwerer, sich im Land zurechtzufinden. Bedürftige müssten häufiger hungern, Obdachlose hätten weniger Zufluchtsorte, alte Menschen wären einsamer. Vielen Kindern würde niemals vorgelesen. Es gäbe kaum Trainerinnen, kaum Schiedsrichter, kein Vereinsleben. Nicht mal Wahlen könnten stattfinden, weil niemand da wäre, der Stimmzettel auszählt.
Deutschland ist ein Land des Ehrenamts. Fast 30 Millionen Deutsche, rund 40 Prozent der über 14-Jährigen, engagieren sich freiwillig. Sie setzen sich für andere ein, retten Leben, kümmern sich dort, wo der Staat wegschaut. Und sie machen das, ohne dafür ein Gehalt zu bekommen. Forscher der Uni Münster und der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW haben in einer 2020 veröffentlichten Studie berechnet, dass Ehrenamtliche allein in Nordrhein-Westfalen knapp 700 Millionen Arbeitsstunden im Jahr für das Gemeinwesen leisten. Beim Bruttodurchschnittslohn von 17,89 Euro pro Stunde in NRW ergibt das einen wirtschaftlichen Wert von 12,5 Milliarden Euro.
www.stiftungstern.de
Pandemie hat das Engagement erschwert
Wie wertvoll das bürgerschaftliche Engagement ist, wurde auch in der Pandemie deutlich. Noch bevor der Staat erste Maßnahmen umgesetzt hatte, schlossen sich Nachbarn zusammen, um für Alte und Kranke einzukaufen. Aber die Pandemie hat die Arbeit vieler Freiwilliger auch erschwert. Treffen waren lange kaum möglich, das Vereinsleben ruhte. Laut einer Umfrage des Stifterverbands aus dem Sommer konnten nur sechs Prozent aller Organisationen ihre Arbeit normal fortsetzen.
Seit Corona haben viele Organisationen der Untersuchung zufolge zunehmend Mitglieder in wichtigen Ämtern verloren. Die Pandemie, warnen Experten, könnte das Ehrenamt in eine Krise stürzen. Und doch gab und gibt es sie, die Heldinnen und Helden, die zeigen, wie Engagement für andere Menschen im Corona-Jahr 2021 gelingen kann. Wir stellen zehn von ihnen vor.