Kirche Zum ersten Mal überhaupt: Papst Franziskus beruft eine Frau in Schlüsselposition der Vatikan-Regierung

Francesca Di Giovanni arbeitet seit 27 Jahren für den Heiligen Stuhl
Francesca Di Giovanni arbeitet seit 27 Jahren für den Heiligen Stuhl
© Alessia Giuliani /CPP / IPA / Picture Alliance
Die katholische Kirche ist in Bewegung: Zum ersten Mal überhaupt hat Papst Franziskus eine Frau in eine wichtige Führungsposition der Regierung des Vatikan berufen. Wer ist die Frau, die sich nun gegen lauter Männer behaupten muss?

Bislang war die Regierung des Vatikans vor allem eins: männlich. Doch das ändert sich nun: Die Italienerin Francesca Di Giovanni soll Untersekretärin im Staatssekretariat werden, teilte der Kirchenstaat am Mittwoch mit.

Damit besetzt die Kirchenregierung eine Schlüsselposition in der wichtigsten Behörde der Kurie mit einer weiblichen Person – zum allerersten Mal in ihrer Geschichte. Wer ist die Frau, die es nun mit lauter Männern aufnimmt?

Francesca Di Giovanni: "absolut überrascht" von Entscheidung

Di Giovanni, Jahrgang 1953, ist in Palermo auf der Insel Sizilien geboren. Sie ist studierte Juristin und Notarin und arbeitet seit 1993 für den Heiligen Stuhl. Zu ihren Spezialgebieten gehören Flüchtlings- und Migrationsfragen, internationale Menschenrechte, die Stellung der Frau sowie Urheberrechtsangelegenheiten. 

In ihrer neuen Funktion als Untersekretärin für den Bereich der multilateralen Beziehungen soll Di Giovanni sich vor allem um die Kontaktpflege mit anderen Stellen des Staatssekretariats kümmern. Ihr Vorgesetzter, der britische Erzbischof Paul Richard Gallagher, bekleidet den Posten, den in anderen Regierungen der Außenminister inne hat.

In einem Interview mit der Nachrichtenseite des Vatikan, "Vatican News", sagte Di Francesca, sie sei "absolut überrascht" worden von der Entscheidung des Papstes. "Der Heilige Vater hat sicherlich eine innovative Entscheidung getroffen, die ein Zeichen der Aufmerksamkeit gegenüber Frauen ist. Aber die Verantwortung hängt mehr mit der Aufgabe zusammen als mit dem Fakt, eine Frau zu sein."

Papst Franziskus will mehr Frauen in Führungspositionen

In der Tat ist Franziskus' Entscheidung ein kleiner Meilenstein: Noch nie hat eine Frau in der wichtigsten Behörde der Vatikan-Regierung ein solches Amt bekleidet. Doch der Papst scheint sich bezüglich der Rolle der Frau in der katholischen Kirche zu öffnen. So kündigte er bereits mehrfach an, in Zukunft mehr weibliche Personen in Führungspositionen ernennen zu wollen.

In seiner Neujahrspredigt sagte er: "Die Frau ist Spenderin und Mittlerin des Friedens und muss an den Entscheidungsprozessen voll beteiligt werden. Denn wenn die Frauen ihre Gaben weitergeben können, dann ist die Welt geeinter und friedvoller".

Di Giovanni sagte dazu, sie "würde gerne meinen Teil dazu beitragen, dass diese Vision des Heiligen Vaters Wirklichkeit wird." Die Stelle wurde extra für sie geschaffen, erzählte die 66-Jährige "Vatican News". Der bisherige Untersekretär, der Pole Mirosław Wachowski, verbleibt in seiner Position, soll sich aber in Zukunft vor allem um die bilateralen Beziehungen zu anderen Staaten kümmern, hieß es.

Gregor Peter Schmitz mit den Buchstaben GPS

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Öffnet sich die Kirche in Zukunft noch mehr?

Die Ernennung Di Giovannis geschah in einer Woche, in der aus Rom auch an anderer Stelle über mögliche Reformen in der Kirche diskutiert wurde. So sorgte eine öffentliche Auseinandersetzung des ehemaligen Papsts Benedikt XVI. mit dem amtierenden Papst Franziskus für Schlagzeilen. Letzterer will sich in Kürze zum Thema Zölibat äußern. Möglicherweise könnte das Enthaltsamkeitsgebot für Priester unter bestimmten Umständen und in bestimmten Gebieten der Erde gelockert werden. 

Noch vor dieser öffentlichen Erklärung meldete sich vergangene Woche ein Kardinal aus Guinea in einem Buch zu Wort, in dem eindrücklich davor gewarnt wird, die Regeln des Zölibats aufzuweichen. Benedikt soll Mitverfasser dieses Buches sein. Da der amtierende Papst die unangetastete Richtlinienkompetenz in der Kirche hat, gelten das Buch und die darin getätigten Aussagen des Ex-Papstes als Affront.

Quellen: Nachrichtenagentur DPA, Vatican News, Pressemitteilung des Vatikan