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Päpstliche Auseinandersetzung Streit um Zölibat: Warum dürfen Priester eigentlich nicht verheiratet sein?

Ein Priester hält einen Rosenkranz und Dokumente in der Hand
Gebet und Enthaltsamkeit: Katholische Priester müssen sich an viele Regeln halten – der Zölibat ist nur eine davon (Symbolbild)
© Jochen Lübke / DPA
Wer Priester werden möchte, darf nicht verheiratet sein – so will es die katholische Kirche seit Jahrhunderten. Ist das noch zeitgemäß? Und praktikabel? Die Zweifel daran werden lauter. Nun könnte Bewegung in die Sache kommen – die wichtigsten Fragen und Antworten.

Ein neues Buch sorgt im Vatikan für Wirbel: Es heißt "Aus den Tiefen unserer Herzen" und wurde von einem Kardinal aus Guinea verfasst. Streit gibt es darum, ob und inwieweit auch der frühere, deutsche Papst Benedikt XVI. daran beteiligt sein soll.

Im Kern geht es darin um die Frage, ob katholische Priester auch in Zukunft ohne Ausnahme auf Sex, Heirat und die Gründung einer Familie verzichten sollten. Es ist vor allem deshalb pikant, weil es VOR einer Stellungnahme des amtierenden Papstes Franziskus erschienen ist, der sich in Kürze zum Thema Zölibat äußern dürfte. 

Was bedeutet Zölibat?

Das Wort Zölibat geht zurück auf das lateinische "caelebs", was soviel bedeutet wie "ehelos". Wer zölibatär lebt, hat keinen Sex, heiratet nicht und gründet auch keine Familie. Zölibatäres Leben ist in der katholischen Kirche die Voraussetzung für die Weihe zum Priester.

Seit wann gibt es den Zölibat?

Die Regeln für priesterliche Enthaltsamkeit gehen zurück auf die Synode von Elvira, die wohl um das Jahr 300 herum in der Nähe von Grenada in Spanien stattfand. Damals wurde Priestern erstmals offiziell die Pflicht zur Enthaltsamkeit auferlegt. Auf dem zweiten Lateran-Konzil (1139) erklärte Papst Innozenz II. zudem bestehende Ehen von Geistlichen offiziell für ungültig.

Zwei weitere Konzile bekräftigten diesen Beschluss: Das Konzil von Trient (zwischen 1545 und 1563) und das Zweite Vatikanische Konzil in den 1960er Jahren unterstrichen den Zölibat als Voraussetzung für das Priestertum. 1917 wurde die Ehelosigkeit schwarz auf weiß dokumentiert, und zwar beim Aufsetzen des weltweit verbindlichen, modernen Kirchenrechts, dem Codex Iuris Canonici.

Die Regeln des Zölibats wurden zwar mehrmals festgeschrieben, doch im Laufe der Jahrhunderte hielt sich ein Großteil der Priester nicht daran. Davon zeugen auch die vom Vatikan veröffentlichten Leitlinien zum Umgang mit Priesterkindern. Papst Innozenz VIII. (15. Jahrhundert) etwa werden 16 Nachkommen zugerechnet.

Worauf gehen die Regeln des Zölibat zurück?

Ob es eindeutige Bibelstellen gibt, die explizit ein enthaltsames Leben von Priestern definieren, ist umstritten. Gemeinhin anerkannt ist die Tatsache, dass Jesus bei der Auswahl seiner Jünger offenbar sehr strikt war. So heißt es unter anderem im Lukas-Evangelium (Luk 14,26): "Wenn jemand zu mir kommt und nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern, ja sogar sein Leben gering achtet, dann kann er nicht mein Jünger sein." 

Im Matthäus-Evangelium (Mt 19,12) äußert sich Jesus ähnlich: "Manche [Menschen] sind von Geburt an zur Ehe unfähig, manche sind von den Menschen dazu gemacht und manche haben sich selbst dazu gemacht – um des Himmelreiches willen." 

Diese beiden Textstellen gelten als die wichtigsten Bezugspunkte für die überlieferten Regeln des Zölibats. Eine klare Aussage im Sinne von "Eine Heirat ist verboten" findet sich in der Bibel jedoch nicht. Auch Paulus, einer von Jesu' Jüngern, hatte dies erkannt und schrieb in seinen Korintherbriefen: "Was die Frage der Ehelosigkeit angeht, so habe ich kein Gebot vom Herrn."

War Jesus selbst auch enthaltsam?

Darüber geben die vier Evangelien keinen Aufschluss. Jedenfalls werden neben Jesu' Eltern kaum Familienangehörige erwähnt – erst recht keine Ehefrau oder potenzielle Kinder. Unter Bibelforschern hält sich allerdings hartnäckig die These, dass Maria Magdalena mit Jesus verheiratet war und womöglich ein Kind mit ihr hatte. 

Was ist die Begründung für ein zölibatäres Leben?

Volle Konzentration auf Gott. Im Kirchenrecht steht: "Die Kleriker sind gehalten, vollkommene und immerwährende Enthaltsamkeit um des Himmelreiches willen zu wahren; deshalb sind sie zum Zölibat verpflichtet, der eine besondere Gabe Gottes ist, durch welche die geistlichen Amtsträger leichter mit ungeteiltem Herzen Christus anhangen und sich freier dem Dienst an Gott und den Menschen widmen können."

Gibt es Ausnahmen?

Ja. Ausnahmen vom Zölibat gibt es zum Beispiel für Priester, die aus anglikanischen oder evangelischen Kirchen zum Katholizismus konvertieren. Sie können zum Priester geweiht werden, auch wenn sie verheiratet sind.

Gab es bereits Versuche, die Regeln zu ändern?

Immer wieder. So rebellierten bereits nach der Synode von Elvira und dem zweiten Lateran-Konzil viele Priester, die bereits verheiratet waren und ihre Familien nicht verlassen wollten. Und auch in den Jahrhunderten danach wurde immer wieder heftig diskutiert – bislang jedoch ohne Ergebnis.

Wie sind die aktuellen Entwicklungen?

Nicht zuletzt im Zuge der in den vergangenen Jahren aufgedeckten Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche wurde die Debatte um den Zölibat wieder lauter. Ob derartige Straftaten verhindert werden könnten, wenn die Regeln des Zölibats abgeschafft wären, lässt sich nicht sagen.

Sowohl Kleriker als auch Nicht-Geistliche diskutieren dennoch, ob ein Enthaltsamkeitsgebot für Priester noch zeitgemäß ist. Es verhindere unter anderem, dass junge Leute sich für den Beruf interessierten. In manchen, dünn besiedelten Gebieten der Welt fehlten zudem schlicht geeignete, unverheiratete Kandidaten. Ein oft angebrachtes Argument ist auch, dass verheiratete Priester aufgrund entsprechender Erfahrungswerte möglicherweise sogar bessere seelsorgerische Unterstützung leisten könnten. So befand etwa auch der Limburger Bischof Georg Bätzing kürzlich: "Ich glaube, es schadet der Kirche nicht, wenn Priester frei sind, zu wählen, ob sie die Ehe leben wollen oder ehelos leben wollen." 

Papst Franziskus

Das Thema Zölibat spielte auch auf der im Herbst 2019 abgehaltenen, sogenannten Amazonas-Synode der Bischöfe eine wichtige Rolle. Dort wurde unter anderem der Beschluss gefasst, in Zukunft auch verheiratete Männer zum Priesteramt zuzulassen, wenn es in entlegenen Regionen der Erde (zum Beispiel der Amazonas-Gebiete) keine anderen Kandidaten für eine Priesterstelle gebe. Rechtlich bindend ist dieses Dokument zum Umgang mit "viri probati" nicht – es soll dem Papst aber zur Meinungsbildung für ein eigenes Schreiben dienen, das dieser in Kürze veröffentlichen will.

Wie sieht die Situation in Deutschland aus?

In Deutschland wird seit einigen Jahren besonders intensiv über Reformen innerhalb der katholischen Kirche diskutiert. Anfang 2019 beschlossen die deutschen Bischöfe auf ihrer Vollversammlung, den sogenannten Synodalen Weg einzuschlagen. Sie wollen Reformen zu den Themen Machtmissbrauch, Sexualmoral, Zölibat und die Rolle der Frau anzustoßen.

Die Fronten sind allerdings ziemlich verhärtet. Während zum Beispiel der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer davor warnt, "die sakramentale Struktur der katholischen Kirchen für irgendwelche Reform-Kompromisse zu opfern", fordern andere wie der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf und Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck ein Umdenken innerhalb der Kirche und eine Bereitschaft zur Veränderung.

Aber auch die Gläubigen selbst machen sich stark. Besonders aufgefallen sind dabei unter anderem die Frauen der Bewegung Maria 2.0. Sie fordern, dass die katholische Kirche weiblicher werden soll und ihre geistlichen Ämter auch für Frauen öffnet. 

Wie steht Papst Franziskus zum Thema Zölibat?

Auch wenn es Bestrebungen gibt, an den Regeln des Zölibats zu rütteln – für Papst Franziskus steht das Grundgebot der Ehelosigkeit fest: Am Montag hatte er sich über einen Sprecher in dem Streit um ein Zölibat-Buch, bei dem angeblich auch der ehemalige Papst Benedikt mitgewirkt haben soll, zu Wort gemeldet und ein generelles Bekenntnis zum Zölibat abgegeben. Allerdings könne es künftig durchaus Ausnahmen für katholische Pfarrer in besonders entlegenen Weltgegenden geben, ließ er über den Sprecher erklären.

Quellen:katholisch.debibleserver.comCodex Iuris Canonici, Nachrichtenagenturen AFP und DPA

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