Fahnen und Wimpel wehen an Autos und Häusern, mancher malt sich Streifen in den Deutschlandfarben ins Gesicht. Mehr Patriotismus wagen – das wollen Millionen Deutsche, zumindest solange die Nationalmannschaft bei der Fußballeuropameisterschaft mitspielt. Aber steht dem Land der Müllers und Tahs und Gündoğans die Fahne Deutschlands? Vielleicht nur zur Fußballzeit, um Missverständnisse zu vermeiden? Oder sollten wir die Farben der Republik offensiv tragen und nicht ihren Feinden überlassen?
Zumindest sind Schwarz und Rot und Gold die besten Farben, die Deutschland hat. Sie stammen direkt vom Hambacher Fest, der Fanmeile der Freiheit aus dem Jahr 1832. Zehntausende forderten da ein geeintes Deutschland, in dem die Fürstenherrschaft abgeschafft wird und die Bürgerrechte gelten. Die Nazis übrigens haben die Fahne der alten Freiheitskämpfer, die auch Reichsflagge der Weimarer Republik war, gleich 1933 abgeschafft. Das änderte aber nichts daran, dass es nach Krieg und Holocaust unmöglich schien, je wieder Stolz auf dieses Land und seine Symbole zu empfinden.
Während der Fußball-EM ist die Fahne präsent
Vielleicht auf das mittlerweile 75-jährige Grundgesetz, das wirklich wunderbar ist. Auf Schiller und Goethe und Lessing, die sich nicht verstecken müssen hinter den Großdichtern anderer Kulturen. Aber auf das Land und seine Farben? Da bleibt der Beziehungsstatus in Deutschland kompliziert. Die Selbstverständlichkeit, mit der andere ihre Fahne feiern und ihre Hymne singen, ist weit – zumindest nach dem Abpfiff. Der stern hat sich umgehört: bei Fahnenschwenkern und denen, die das niemals tun würden.