Während Christoph Hein, 68, schmunzelnd bekennt, dass die Einladung als Vertreter der älteren Generation zu der Veranstaltung "ein kleiner Schock" für ihn war, freut sich Tanja Dückers, 43, auf das Alter zwischen 50 und 70. Die beiden trennen rechnerisch 1,5 Generationen. Und obwohl beide das Alter als eine Zuschreibung von außen erleben und mit einem Generationenbegriff für sich selbst nicht viel anfangen können, schwingt er in ihrer Diskussion beständig mit – eher als Abgrenzungsbegriff denn als (Selbst-)Identifikation.
Christoph Hein distanziert sich von "seiner" Generation, die er als verantwortungslos bezeichnet. Sie habe, sogar noch nach Tschernobyl, an der Atomenergie festgehalten, habe Umwelt- und Ressourcenschutz dem Kapitalmarktschutz geopfert, nur auf technologischen Fortschritt gesetzt und sei bis heute nicht zur Einsicht gekommen, dass es mit unbegrenztem Wachstum nicht weitergehen kann.
Tanja Dückers ist es, die widerspricht und betont, wie sehr sie gerade diese Generation auch als politisch engagiert erlebt, die demonstrieren geht und für ihre Überzeugungen einsteht. Doch auch auf ihre Generation und die heute Jungen lässt sie nichts kommen. Die Art und auch die Ziele hätten sich allerdings verändert: "Man will heute nicht mehr die Welt retten sondern zum Beispiel in Berlin keinen neuen Flughafen. Der Widerspruch ist sehr viel partikularer geworden."
"Wir sind schon ganz anders aufgewachsen"
Christoph Hein wundert sich trotz allem über die Unaufgeregtheit der Jugend, bewundert teilweise sogar ihre Abgeklärtheit, wie sie beispielsweise Chancenungerechtigkeit im Berufsleben hinnähmen. Auch mit Blick auf das katastrophale Rentensystem versteht er dieses Stillhalten nicht. Eine generationelle Erklärung schiebt er gleich selbst nach. Denn er bekennt, trotz der Ablehnung, die er im Osten auf Grund seiner politischen Haltung schon sehr früh erfuhr: "Ich wusste, dass meine gesamte Generation gebraucht wurde, wirklich jeder. Da sind wir schon ganz anders aufgewachsen."
Mit dieser Selbstverständlichkeit, ganz natürlich Teil einer Gemeinschaft zu sein und von dieser gebraucht zu werden, gehen Rechte auf Widerspruch, auf Gestaltungsmöglichkeiten, auf Mitreden einher. Zu Recht kann man fragen, auf welche gesellschaftliche Basis sich das politische und gesellschaftliche Engagement der jungen Generation heute stützen soll. Perspektivlosigkeit angesichts der globalen Finanz-, Wirtschafts- und Umweltprobleme, allesamt Hinterlassenschaften der nun mehr ausgeboomten Nachkriegsgesellschaft, ist dafür nicht förderlich.
Was haben die Älteren zu bieten?
Und auch an diesem Punkt kritisiert Hein noch einmal seine Generation. Denn außer "Belehrungen, die die Jüngeren nun wirklich nicht brauchen" hätten die Alten nicht viel zu bieten. Tanja Dückers denkt da anders, sie setzt auf das Erfahrungswissen der Älteren. Auch wenn es weniger konkretes Problemlösungswissen ist, wird aus ihrer Sicht das Wissen der Älteren unterschätzt und das der Jugend überschätzt. "Mit der enormen Beschleunigung des Wissens – man geht davon aus, dass sich im Moment das Weltwissen alle sieben Jahre verdoppelt – wird das Wissen der Älteren scheinbar entwertet. Doch tatsächlich wird das Wissen der Jüngeren überschätzt, da es kein Erfahrungswissen ist und nur eine sehr kurze Halbwertszeit hat."
Fazit: Auch wenn laut Tanja Dückers "ständig neue Generationenbegriffe zu kreieren eine Erfindung des Buchmarktes ist" und nach Christoph Hein "der Jugendwahn der Älteren vor allem von der Werbung betrieben wird, um Produkte zu verkaufen", existieren verschiedene Generationen mit unterschiedlichen Erfahrungen und Lebenswelten. Und diese können tatsächlich in einen fruchtbaren Austausch treten und voneinander lernen. Sie können gegenseitiges Verständnis für die Art zu denken und die Weise zu handeln erwerben, vielleicht Toleranz und Respekt ausbauen. Für ein Miteinander der Generationen und den sozialen Frieden ist das sicherlich mindestens genauso wichtig wie ein für alle gerechtes Rentensystem, eine gewisse Zukunftssicherheit und Entwicklungschancen.
Das Gespräch wird am

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25.06. um 20.10 Uhr auf DRadio
Wissen gesendet. Das nächste Gespräch findet am 18.07. im Kolpinghaus in Regensburg statt. Dort sind der "Anwalt der Jugend" Wolfgang Gründinger und der CSU-Politiker Alois Glück zu Gast.