Ermittlungen gegen Aktivisten Bayerns Behörden belauschen Telefonate der Letzten Generation – Klimaaktivisten sind entsetzt

Letzte Generation wird überwacht
Festgeklebt und belauscht: Klimaaktivisten der Letzten Generation werden von Ermittlungsbehörden überwacht
© Kay Nietfeld / DPA
In Bayern laufen Ermittlungen gegen Aktivisten der Gruppe Letzte Generation. Nun wurde bekannt, dass die Telefonate der Klimaaktivisten abgehört wurden. Die Gruppe ist schockiert.

Empörung bei der Letzten Generation: Bayerische Ermittlungsbehörden sollen die Kimaaktivisten der Gruppe seit Oktober 2022 überwacht haben. Demnach habe das Bayerische Landeskriminalamt monatelang zahlreiche Telefongespräche der Letzten Generation mit Journalisten abgehört, berichtet die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf interne Unterlagen. "Auf dem Anschluss gehen fast ausschließlich Anfragen von Medienvertretern, Studenten und Schülern ein, die um eine Presseauskunft oder ein Interview bitten", zitiert die Zeitung aus einem polizeilichen Vermerk. Die Generalstaatsanwaltschaft München soll die Lauschaktion angestoßen haben.

Laut Zeitungsbericht soll unter anderem ein Festnetzanschluss mit Berliner Vorwahl von der Abhöraktion betroffen sein. Dabei handelt es sich laut Letzter Generation um deren offizielles Pressetelefon. Den Recherchen zufolge sollen die Ermittler auch Gespräche führender Klimaaktivisten auf deren Privattelefonen mitgehört haben. Genannt wird unter anderem Sprecherin Carla Hinrichs. Zudem sollen die Ermittler die Mails der Letzten Generation in Echtzeit mitgelesen und den Standort der Aktivisten mitverfolgt haben.

Die Gruppe Letzte Generation selbst zeigt sich entsetzt darüber. "Das ist verstörend", sagt Hinrichs in einer Mitteilung. Aktivistin Imke Bludszuweit fügt hinzu: "Es ist absurd und erschreckend, welche Geschütze aufgefahren werden, um friedlichen Protest zu unterdrücken." Sie wünsche sich, dass "annährend so viele Ressourcen" zur Bekämpfung der Klimakrise aufgewendet würden.

Strittig, ob Abhöraktion gerechtfertig ist

Beschlossen wurde die Lauschaktion vom Amtsgericht München. Das Abhören von Gesprächen mit Journalisten ist grundsätzlich nicht verboten, allerdings gibt es hohe rechtlich Hürden. Dafür müssen die Ermittlungsbehörden zwischen Pressefreiheit und dem Strafverfolgungsinteresse abwägen. Laut "Süddeutscher Zeitung" darf allerdings bezweifelt werden, ob das in diesem Fall geschehen ist. Die Problematik im Zusammenhang mit der Pressefreiheit werde in den Beschlüssen des Amtsgerichts München zumindest nicht erwähnt.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) bezeichnete die Telefonüberwachung der Letzten Generation in einer Mitteilung als "rechtlich einwandfrei". "Niemand steht über dem Gesetz, auch die Letzte Generation nicht", erklärt der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt. "Strafprozessuale Maßnahmen richten sich nach dem Tatverdacht und der Schwere der Straftaten, die den Verdächtigen vorgeworfen werden." Sympathie für vermeintlich gute Ziele dürften dabei keine Rolle spielen. Die Abhörmaßnahmen seien zudem "durch unabhängige Richter genehmigt".

Letzte Generation will weiter protestieren

Hintergrund der Überwachungsaktion sind Ermittlungen gegen die Letzte Generation in Bayern. Ihnen wird die Bildung einer "kriminellen Vereinigung" vorgeworfen. Im Mai hatten Beamte der Münchner Generalstaatsanwaltschaft, des Bayerischen Landeskriminalamtes und weiterer Bundesländer bereits bei einer bundesweiten Razzia Wohnungen und Geschäftsräume von Klimaaktivisten der Letzten Generation durchsucht. Hintergrund war ein Ermittlungsverfahren der Generalstaatsanwaltschaft gegen sieben Beschuldigte. Das Verfahren sei wegen zahlreicher Strafanzeigen aus der Bevölkerung seit 2022 eingeleitet worden.

Bundesinnenministerin Nancy Faser nannte 580 Straftaten, die der Gruppe bis Anfang Juni zur Last gelegt werden. Dabei sei es vor allem um Nötigungen und Sachbeschädigung gegangen sein. Berlin gilt als Hotspot der Protestaktionen der Klimaaktivisten. Seit anderthalb Jahren blockieren sie dort, aber auch in anderen Teilen Deutschlands, immer wieder Autobahnen, Hauptverkehrsstraßen und Innenstädte. Aktuell richtet sich die Aufmerksamkeit der Aktivisten vor allem auf die Nordseeinsel Sylt sowie das Bundesland Bayern.

Die Letzte Generation kündigte in ihrer Mitteilung bereits an, ihre Proteste im gesamten Bundesgebiet weiter fortführen zu wollen. Auch wenn unklar sei, ob die Abhöraktion noch weitergehe.

Gregor Peter Schmitz mit den Buchstaben GPS

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Quellen: "Süddeutsche Zeitung", Mitteilung der Letzten Generation, Deutsche Gewerkschaft der Polizei