F. Behrendt: Der Guru der Gelassenheit Ferien auf Sylt – mit der kommenden und nicht mit der letzten Generation

  • von Frank Behrendt
Aktivisten der "Letzten Generation" haben auf Sylt unter anderem diese Luxusladen mit Farbe besprüht
Aktivisten der "Letzten Generation" haben auf Sylt unter anderem diese Luxusladen mit Farbe besprüht
© Imago Images
Unser Kolumnist Frank Behrendt macht Familienurlaub auf Sylt, wo die "Letzte Generation" mit Farbattacken für Unruhe sorgt. Von den Sprühaktionen halten seine Kinder nichts, sie haben andere Ideen für den Klimaschutz.

Wer derzeit News von der Insel Sylt verfolgt, kommt nicht wirklich in Ferienstimmung. Auf der Lieblingsinsel der Deutschen tobt ein Gefecht: "Die letzte Generation", bewaffnet mit der Farbe Orange, greift bevorzugt markante Wahrzeichen der Wohlhabenden an und verunstaltet diese. Weil sie der Ansicht ist, dass "die Reichen" besonders rücksichtslos mit der Welt umgehen und auf ihr die größten CO2-Fußabdrücke hinterlassen.

Nun ist es mit Sicherheit so, dass es auch unter den finanziell besonders gut gestellten Vertreterinnen und Vertretern welche gibt, die nach der Maxime "Nach mir die Sintflut" leben und mit einem Gläschen Champagner in ihren Privatjet steigen, um nach Lust und Laune irgendwohin zu düsen. Andere lassen ihre hochmotorisierten Verbrenner auf der legendären Whiskeymeile klimaunfreundlich aufheulen, "Ich geb Gas, ich will Spaß", hört man den Soundtrack aus einer vergangenen Zeit im Kopf, als die Musik der "Neuen Deutschen Welle" unbeschwert über das Land schwappte. 

Frank Behrendt: Der Guru der Gelassenheit

Frank Behrendt (Jahrgang 1963) gehört zu den bekanntesten Kommunikationsberatern Deutschlands. Der Absolvent der Deutschen Journalistenschule war Top-Manager in der Musikindustrie, beim Fernsehen und in großen Agenturen. Sein Buch "Liebe dein Leben und NICHT deinen Job" avancierte direkt nach Veröffentlichung zum Wirtschafts-Bestseller. Die Deutsche Public Relations Gesellschaft zeichnete den Mann, der immer gute Laune hat, als "PR-Kopf des Jahres" aus. Weitere Infos: www.frankzdeluxe.de Direkter Dialog: frankzdeluxe@gmail.com

Ladenbesitzer, Hoteliers, Golfplatzbetreiber oder auch der Bürgermeister von Sylt haben verständlicherweise aktuell überhaupt keinen Spaß an denen, die der High Society am Roten Kliff den Klima-Krieg erklärt haben. Wer etwas nachdenkt und sich die aktuellen Statistiken genauer anschaut, wird schnell feststellen, dass sich die Kämpferinnen und Kämpfer für ihr vermeintlich letztes Gefecht wohl besser nach Peking und andere Städte in China aufmachen sollten, als auf einer Nordseeinsel ihr Unwesen zu treiben. Alleine im Reich der Mitte werden schließlich jährlich rund ein Drittel der globalen Kohlenstoffdioxid-Emissionen verursacht.

Keine Frage, irgendwelche Party-Schnösel, die ohne Sinn und Verstand bei uns CO2-Emissionen verursachen, sollen damit nicht von ihrer Verantwortung freigesprochen werden. Aber ihr Verzicht ist nicht der bedeutende Hebel, der die Klima-Lage nachhaltig verbessern kann. Auch im Hinblick auf die CO2-Emissionen pro Kopf ist nicht der golfende Dior-Kunde auf Sylt, der im feinen Hotel Miramar mit Meerblick absteigt und im privaten Jet anreist, der mieseste aller Bad Guys. An der Spitze dieser Statistik stehen die Herrschaften aus Katar, den Vereinigten Arabischen Emiraten und in Saudi Arabien. Die dort lebenden Damen und Herren, die für Sportevents in der Wüste Milliarden ausgeben und alternden Kickern Hunderte von Millionen hinterherwerfen, verursachen jährlich so viele Tonnen CO2, dagegen ist die Sylter Jet-Society geradezu armselig unterwegs. 

Fahrradtouren und Brettspiele

Zurück auf die Insel: Meine Familie und ich werden in den Sommerferien, die in dieser Woche in NRW starten, auch bald nach Sylt reisen. Nicht im Privatjet und in einem Nobelhotel steigen wir auch nicht ab. Da wir auch kein Golf spielen und nicht in Edel-Boutiquen shoppen, werden wir den wütenden Aktivistinnen und Aktivisten wohl nicht begegnen. Es steht also gut, dass unser nettes gemietetes Ferienhäuschen nicht mit Farbe besprüht wird, sondern seinen ursprünglichen roten Backstein- und Reetdach-Charme behält.

Unsere Kinder freuen sich auf das Volleyballspielen mit anderen Jugendlichen am wunderbaren Ellenbogen-Strand, meine Frau und ich auf jede Menge gute Bücher im Strandkorb. Der Hund ist auch dabei und liebt es, in der Sonne zu schlafen, während die sanften Geräusche der sich überschlagenden Wellen in seine spitzen Öhrchen dringen. Um nachhaltig unterwegs zu sein, mieten wir vor Ort Fahrräder, auf der Whiskeymeile wird man uns dagegen garantiert nicht sehen. Abends werden wir stattdessen draußen unter freiem Himmel im Garten speisen, bevor wir dann unsere traditionellen Spieleabende mit den Siedlern von Catan und anderen Brettspiel-Klassikern starten.

Beim Essen wird bei uns traditionell viel miteinander gesprochen. Die Smartphones haben dann Sende- und Empfangspause. Unsere Kinder lieben es, mit uns zu diskutieren und natürlich sehen sie, was rund um sie herum passiert. Den Krieg in der Ukraine, den Klimawandel, den Hass im Netz und viele andere Themen betrachten sie mit Sorge. Aber sie sind auch zuversichtlich und halten von den Klebe-Aktivitäten der "letzten Generation" auf unseren Straßen gar nichts. Auch nicht von deren Farb-Attacken auf Sylt. 

Die Kinder fordern Nachhaltigkeit

Gut finden sie allerdings, wenn junge Menschen meinungsstark aber friedlich auf Versäumnisse von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft aufmerksam machen. Greta Thunberg haben sie gefeiert, auch Luisa Neubauer finden sie oft, aber auch nicht immer, toll. Unsere Kinder trennen den Müll, finden es gut, dass wir nicht mehr wie früher in den Urlaub fliegen oder an Bord eines Kreuzfahrtschiffes gehen und Papa nun Elektro statt Verbrenner fährt. Nachhaltigkeit ist für sie nichts Negatives, sondern etwas Sinnvolles.

Unsere jüngste hielt kürzlich in der Schule ein Referat, wie alle zu Hause einen Beitrag zum Klimaschutz leisten können, mit ganz einfachen Mitteln. Mal durch Verzicht, mal durch den Kauf von nachhaltigeren Produkten oder durch die Reparatur von Geräten statt einem Neukauf. Und: "Es muss nicht immer das neueste Handy sein, wenn das alte doch funktioniert" sagte sie. Ich fand das einen bemerkenswerten Satz für einen Teenager, dem auf Instagram von irgendwelchen Influencern 24/7 genau das Gegenteil eingehämmert wird. 

Unser Junior wurde neulich "Schulkanzler". Die Jugendlichen schlüpften im Rahmen eines Projektes in die Rollen von Parteivorsitzenden. Sie mussten ein Wahlprogramm erstellen und eine flammende Rede halten. Im K.O.-Verfahren wurde vorgetragen, die anderen Schülerinnen und Schüler wählten anschließend in geheimer Wahl diejenigen, die sie am meisten überzeugten. Unser Sohn hatte klare Botschaften, frische Ideen und begeisterte "das Volk". Von Verboten und einer Überregulierung hält er nichts, "die Menschen müssen Lust haben, es gemeinsam zu schaffen", erklärte er mir. Und ganz Macher: "Wer sich besonders umweltfreundlich verhält, zahlt bei meiner Partei weniger Steuern." Ich hätte den Burschen auch gewählt.

Trotz der aktuellen Berichterstattung über unerfreuliche Vorkommnisse auf Sylt freuen wir uns auf die Ferien dort und sind als Eltern happy, dass die junge Generation begeistert mitkommt. Mein Sohn sagte gestern, als wir über die jüngsten Angriffe der Aktivistinnen und Aktivisten auf der Insel sprachen: "Mit Geschmiere rettet man die Welt nicht, sondern nur mit guten neuen Ideen. Ich habe Lust später was zu erfinden, das den Klimaschutz verbessert." Wenn ich dem Jungen zuhöre, ist er alles, aber kein Vertreter einer "letzten Generation". Er steht für eine kommende. Eine, die unsere Welt mit innovativen Ideen in eine gute Zukunft führen wird und nicht mit Farbangriffen.

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