Er fiel gleich zu Beginn der Recherche auf. In dem Telegram-Chat, in dem so viele wütend und hasserfüllt schrieben, war er anders. Statt sich aufzuregen über "die Frauen" oder abwertende Kommentare zu posten, stellte er Fragen. "Hab neulich am See zwei Frauen oben ohne gesehen. Das sind bestimmt Feministinnen. Was meint ihr dazu?", "Was sagt ihr zum Fall Amber Heard vs. Johnny Depp?" Oder auch: "Hat jemand Erfahrung mit Männern aus Syrien? Viele bewerben sich um einen WG-Platz bei mir."
In dieser Welt voller Männer, die wissen wo es lang geht, wirkt Steve* wie ein Fremder, oder vielmehr wie ein Suchender. Auf Antworten anderer Chat-Teilnehmer reagiert er eher unsicher tastend. Er ist neu hier, will nichts falsch machen, wie er sagt.
Und doch ist er Teil dessen, was inzwischen als sogenannte Manosphere bezeichnet wird, das Sammelbecken für toxische Männlichkeit. Als Teil der Men Going Their Own Way, kurz MGTOW, vertritt er antifeministische und misogyne Haltungen. Unter der Bedingung, anonym zu bleiben, hat sich Steve auf ein Gespräch mit dem stern eingelassen. Hier erzählt er, warum er Teil der MGTOW ist. Die Redaktion dokumentiert seine Gedanken in einem Wortlautprotokoll.
"Das Internet ist mein Zufluchtsort, ein Ort, an dem ich mich hinter einem Pseudonym verstecken kann. Dort bin ich Steve, eine Identität, die mir erlaubt, meine Gedanken und Gefühle frei zu äußern, ohne mich verletzlich zu fühlen.