Das islamische Opferfest kündigt sich in der 17-Millionen-Metropole Kairo stets frühzeitig an. Im täglichen Verkehrsstau sieht man Büffel, Schafe oder Kühe, die auf Kleintransportern in die Stadt gebracht werden, wo sie dann in Hausfluren, auf Dächern oder im Hinterhof leben, bis ihnen der Schlachter am Tag des Eid al Adha die Kehle durchschneidet. Überall riecht es nach Tieren, Heu und Gras.
An diesem Dienstag ist es kühl und sonnig, als sich die Männer zum Gebet in der kleinen Moschee hinter dem Kasr al Aini Krankenhaus am Nil versammeln. Gemeinsam und mit einer fast liedhaften Melodie rufen sie an diesem hohen Festtag Gott an. Schön klingt das und laut. Niemand im Viertel kann mehr schlafen.
Kurz darauf sind andere Geräusche zu vernehmen. Der graue Büffel, der sein Gras seit Tagen in einer winzigen Gasse zwischen zwei Hochhäusern gefressen hat, spürt, das seine letzte Stunde geschlagen hat, als ihn die Männer packen. Laut schreit er. "Im Namen Gottes", ruft der Schlachter und setzt das Messer an. Dann ist Ruhe. Es riecht nach Blut.
Das Messer für die rituelle Schlachtung muss scharf sein, damit das Tier nicht noch zusätzlich leidet. In Deutschland und mehreren anderen europäischen Ländern ist die islamische Schlachtung verboten, weil das Tier beim so genannten Schächten nicht betäubt wird.
Eine halbe Stunde später ist im ganzen Haus das dumpfe Hacken des Beils zu hören, mit dem der Büffel zerteilt wird. Parkplatzwächter, Polizisten und Hausmeister aus dem Viertel strömen herbei. Jeder von ihnen erhält vom Besitzer des Hochhauses einen kleinen Plastikbeutel mit Fleisch.
Drei Straßen weiter zerlegen in einer großen Garage derweil noch zwei Männer in blutigen Gummistiefeln eine Kuh. Frauen und Kinder sehen zu, während das Fleisch auf mehrere Bottiche verteilt wird. Blut rinnt über den Boden. Alle sind bester Laune. Wenn sie mit ihrer Arbeit fertig sind, werden sie ihre besten Kleider anziehen und sich zum Festmahl versammeln. Wer weder reich genug ist, um selbst zu schlachten, noch arm genug, um auf die Zuwendung eines wohlhabenden Ägypters zu hoffen, bestellt in der Regel beim Metzger um die Ecke einfach einige Kilo Fleisch für den Festtag.
Das Schlachten in Häusern und auf den Straßen ist in Ägypten zwar offiziell verboten. Doch das hält kaum jemanden davon ab, sein Schaf auf dem Treppenabsatz zu schlachten. Einige wenige Ägypter tauchen anschließend eine Hand in das Blut des Tieres und hinterlassen damit dann einen Abdruck auf einer Hauswand, was vielen modernen ägyptischen Großstädtern einen Schauder des Schreckens über den Rücken jagt.