Syrien zu Beginn des islamischen Opferfestes 16 Demonstranten sterben im Kugelhagel

Blutvergießen selbst am wichtigsten Feiertag: Syrische Regierungstruppen haben zu Beginn des islamischen Opferfestes Eid al-Adha erneut oppositionelle Demonstranten getötet.

In Syrien geht das Regime von Präsident Baschar al-Assad auch zu Beginn des islamischen Opferfestes (Eid al-Adha) mit brutaler Gewalt gegen Demonstranten vor. Mindestens 44 Zivilisten kamen nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten am Wochenende ums Leben. 16 von ihnen wurden am Sonntag erschossen, als sie am wichtigsten Feiertag der Muslime an den Massenprotesten gegen die Regierung teilnahmen. Brennpunkte waren erneut die Hochburgen der Demokratiebewegung Homs, Hama und Idlib.

Zuvor hatte die syrische Führung noch einen raschen Rückzug des Militärs aus den Wohngebieten in Aussicht gestellt. Sie versprach außerdem, auf ein Ende der Gewalt hinzuwirken. Doch wie häufig setzte sie ihre Ankündigungen nicht um. Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, ermahnte deshalb Syrien erneut, die Gewalt zu beenden.

Al-Arabi warnte vor katastrophalen Konsequenzen für die gesamte Region, sollte der am Mittwoch vereinbarte Plan scheitern. Demnach soll die syrische Führung innerhalb einer Frist von zwei Wochen das Militär aus den Städten abziehen. Außerdem sollen politische Gefangene freigelassen werden und internationale Beobachter sowie Journalisten ins Land kommen dürfen.

Der in Paris lebende Vorsitzende des Nationalrates der syrischen Opposition, Burhan Ghalijun, schloss Kompromisse mit dem Assad-Regime aber aus. In einer Grußbotschaft anlässlich des Opferfestes würdigte er auch die Opfer der Demokratiebewegung. Der Nationalrat habe die Arabische Liga und die Vereinten Nationen zudem gebeten, sich für den Schutz der syrischen Bevölkerung einzusetzen und internationale Beobachter ins Land zu schicken, sagte er.

Großmufti kann sich Assad-Rückzug vorstellen

Der einflussreiche syrische Großmufti Scheich Hassun hält einen Rückzug Assads aus der Politik für möglich. "Er ist kein Präsident auf Lebenszeit", sagte der Rechtsgelehrte in seiner Heimatstadt Aleppo dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". "Der ehemalige Augenarzt Baschar al-Assad möchte zurück in seinen alten Beruf." Assads Traum sei es, wieder eine Augenklinik zu leiten. Scheich Hassun ist nicht nur die höchste islamische Autorität in Syrien, sondern auch enger Vertrauter des Präsidenten.

Assad trägt nach den Worten des Großmuftis die Verantwortung für politische Fehler. Allerdings werde er die gegenüber der Arabischen Liga zugesagten Verpflichtungen einhalten und Reformschritte einleiten. "Das Blutvergießen muss aufhören", forderte er. Für die Gewalt machte Scheich Hassun jedoch vorwiegend aus Nachbarstaaten eingereiste Fundamentalisten verantwortlich.

Die syrische Führung bemühte sich zu Beginn des Opferfestes indes, den Eindruck der Normalität zu vermitteln. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana berichtete, dass Präsident Assad den Auftakt des Eid al-Adha mit Tausenden seiner Landsleute in der Al-Nour-Moschee in Rakka gefeiert habe. Am Vorabend war das Regime ebenfalls einer regionalen Tradition zum wichtigsten islamischen Fest gefolgt und hatte mehr als 500 Gefangene freigelassen.

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jwi/DPA