Papst-Kontroverse Benedikt äußert Bedauern

Die islamische Welt hatte eine Entschuldigung vom Papst für seine umstrittenen Äußerungen gefordert. "Der Heilige Vater bedauert sehr, dass einige Passagen seiner Rede für Moslems beleidigend geklungen haben könnten", ließ der Vatikan verkünden. Der Moslem-Bruderschaft Ägyptens reicht das noch nicht.

Papst Benedikt XVI. hat sein Bedauern dafür ausgedrückt, dass seine umstrittenen Äußerungen zum Islam von Moslems als Beleidigung aufgenommen worden sind. Der Papst respektiere alle Islamgläubigen und hoffe, sie würden den wahren Sinn seiner Rede verstehen, hieß es in einer Stellungnahme des Vatikans. "Der Heilige Vater bedauert sehr, dass einige Passagen seiner Rede für Moslems beleidigend geklungen haben könnten", teilte der Kardinal-Staatssekretär Tarcisio Bertone in einer Erklärung mit.

Wortlautauszüge zur Vatikan-Erklärung

"Der Heilige Vater hat in keiner Weise beabsichtigt, sich das von ihm in seiner Rede in Regensburg wiedergegebene Urteil des byzantinischen Kaisers Manuel II. Paläologos zu eigen zu machen, und er hat es auch nicht vor. Er hat es lediglich als Gelegenheit benutzt, um in einem akademischen Zusammenhang und, wie aus einer vollständigen und aufmerksamen Lektüre des Textes hervorgeht, um einige Gedanken zum Thema der Beziehung von Religion und Gewalt im Allgemeinen zu entwickeln und um zu einer klaren und radikalen Ablehnung der religiösen Begründung von Gewalt zu gelangen, von welcher Seite sie auch immer kommen mag....

Der Heilige Vater bedauert zutiefst, dass einige Stellen seiner Rede beleidigend für die Gefühle der muslimischen Gläubigen geklungen haben könnten und in einer Weise aufgefasst worden seien, die in keiner Weise mit seinen Absichten übereinstimmten. Andererseits hat er angesichts der tiefen Religiosität der muslimischen Gläubigen die westliche säkularisierte Kultur ermahnt, dass sie "die Verachtung Gottes und den Zynismus, der die Verhöhnung des Heiligen als ein Freiheitsrecht betrachtet", vermeiden. Indem er gegenüber denjenigen, die sich zum Islam bekennen, seinen Respekt und seine Hochachtung unterstreicht, wünscht er, dass ihnen geholfen wird, den wirklichen Sinn seiner Worte zu begreifen, damit sie diesen schwierigen Moment überwinden und ihr Bekenntnis zum einzigen Gott verstärken."

Benedikt XVI. sei sehr bestürzt, dass seine Worte Muslime beleidigt haben könnten. Bertone erklärte, die Haltung des Papstes zum Islam stehe in Einklang mit der Lehre der Kirche, die "die Muslime achtet, die den einen Gott lieben". Deshalb sei der Papst sehr bestürzt, dass Teile seiner Rede so geklungen haben könnten, dass sie die Gefühle gläubiger Muslime verletzten und dass sie in einer Weise interpretiert werden konnten, die nicht mit seinen Absichten übereinstimmten, erklärte Bertone.

Benedikt hatte bei seinem Deutschland-Besuch aus einem Disput im 14. Jahrhundert zwischen dem byzantinischen Kaiser Manuel II. Palaeologos und einem gelehrten Perser über den Dschihad zitiert. Dort hieß es, Mohammed habe mit seiner Anordnung, seine Lehren auch mit Gewalt zu verbreiten, der Welt nur Schlechtes und Inhumanes gebracht. Darüber empörten sich Muslime weltweit.

Moslem-Bruderschaft weist Papst-Bedauern als ungenügend zurück

Ägyptens Moslem-Bruderschaft hat die bedauernde Äußerung von Papst Benedikt XVI. über dessen Stellungnahme zum Islam als unzureichend zurückgewiesen. "Wir wollen eine persönliche Entschuldigung", sagte der stellvertretende Führer der Gruppe, Mohammed Habib, der Nachrichtenagentur Reuters am Samstag. "Wir glauben, dass er einen gravierenden Fehler gemacht hat, und dieser Fehler kann nur mit einer persönlichen Entschuldigung aus dem Weg geräumt werden."

Erdogan fordert Rücknahme islamkritischer Äußerungen

Der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan hat Papst Benedikt XVI. dazu aufgefordert, seine umstrittenen Äußerungen zum Islam zurückzuziehen. "Der Papst hat eher wie ein Politiker gesprochen als ein Mann der Religion", sagte Erdogan in einer Fernsehübertragung. "Die Äußerungen sind übel und unglücklich, der Papst muss einen Schritt zurückgehen, um den interreligiösen Frieden zu bewahren", sagte Erdogan, der sich äußerte, bevor der Papst die Wirkung seiner Äußerungen bedauerte.

Nach der ersten massiven Kritik folgten am Samstag auch Aufrufe zur Mäßigung in der islamischen Welt. In der Türkei wurde Kritik an voreiligen Reaktionen laut. Der iranische Präsident forderte eine Analyse der Äußerungen des Papst. "Die Bemerkungen sollten zunächst von Theologen und Islamwissenschaftlern analysiert werden", zitierte das staatlichen Fernsehen Mahmud Ahmadinedschad.

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Es gab jedoch auch weiter heftige Kritik. Das Außenministerium in Teheran forderte das Oberhaupt der katholischen Kirche auf, seinen Standpunkt zu Islam und Gewalt schnellstens zu revidieren. "Damit könnte die Solidarität innerhalb der Religionen wieder hergestellt werden", sagte Außenamtssprecher Mohammed-Ali Hosseini. "Gerade in der jetzigen Phase, könnte man solche Bemerkungen als bedenklich und politisch motiviert interpretieren," sagte er. In der Stadt Nablus im Westjordanland wurden Brandanschläge auf eine anglikanische und eine griechisch-orthodoxe Kirche verübt. Eine radikale islamische Gruppe erklärte, die Aktionen seien ein Protest gegen die Papstworte.

Rom erwartet klärendes Papstwort

In Rom wird erwartet, dass sich der Papst an diesem Sonntag zum Thema Islam und Gewalt äußert. Vatikankreise gehen davon aus, dass Benedikt XVI. nach dem Angelusgebet in seiner Sommerresidenz Castel Gandolfo vor den Toren Roms das Wort ergreifen wird. Allerdings dürfte der deutsche Papst seine umstrittenen Ausführungen kaum zurücknehmen, sondern erläutern, hieß es am Samstag.

Der oberste Chef der türkischen Religionsbehörde, Ali Bardakoglu, habe den Wortlaut des Vortrags nicht gekannt, als er den Papst aufgefordert hatte, sich zu entschuldigen, berichtete die türkische Zeitung "Hürriyet" am Samstag. Er habe allein auf Presseberichte reagiert, nach denen der Papst den Islam als eine Religion der Gewalt dargestellt habe. Einen Einfluss auf den für Ende November geplanten offiziellen Papst-Besuch in der Türkei werde die Empörung über die Worte Benedikts in der islamischen Welt nicht haben, zitierte die Zeitung Kreise des türkischen Außenministeriums in Ankara.

Jordanische Regierung: "äußerst beleidigend"

Die Türkei sei ein laizistischer Staat und richte ihre Politik nicht nach religiösen Erklärungen aus. Das Ministerium habe beim päpstlichen Nuntius in Ankara den Wortlaut der Papst-Rede und eine ausführliche Erläuterung angefordert, berichtete "Hürriyet". In einem Kommentar machte das Blatt darauf aufmerksam, dass Benedikt XVI. in seinem Vortrag "deutlich auf Distanz" zu den von ihm zitierten christlichen Kaiser aus dem 14. Jahrhundert gegangen sei. Der byzantinische Kaiser hatte gesagt, Mohammed habe nur Schlechtes und Inhumanes gebracht, weil er den Glauben mit dem Schwert verbreiten lassen wollte.

Die jordanische Regierung bezeichnete die Äußerungen des Papstes am Samstag als "äußerst beleidigend". Die radikale Moro-Islamische Befreiungsfront auf den Philippinen rief dazu auf, nicht noch weiter Öl ins Feuer zu gießen. Damit könne nichts gewonnen werden, erklärte ein Sprecher der Organisation. Ein Sprecher der radikal-islamischen Taliban in Afghanistan erklärte, die Bemerkungen des Papstes stellten "eine Ausweitung des Kreuzzugs von US-Präsident Bush gegen den Islam" dar. Mit den Worten solle die Geduld der Muslime getestet werden, deren Gefühle zutiefst verletzt seien.

AP · DPA · Reuters
DPA/AP/Reuters

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