Papst-Kontroverse Benedikts Worte spalten deutsche Politik

Muslime weltweit sind entrüstet, im Nahen Osten wird eine Kirche angegriffen - und auch in Deutschland spalten die Papst-Worte die Parteien. Die Union steht hinter Benedikt XVI., die Grünen greifen ihn an.

Harsche Kritik an den Worten des Papstes haben am Freitag die Grünen geübt. Volker Beck, der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, warnte den Papst davor, mit einseitigen Aussagen das Christentum über andere Religionen zu stellen. "Die Äußerungen des Papstes zu Islam und Christentum sind merkwürdig einseitig und geschichtsblind," sagte Beck. Alle drei großen monotheistischen Religionen hätten sich die Akzeptanz von Religionsfreiheit und Pluralismus erst erarbeiten müssen oder seien noch dabei, dies zu tun. "Deshalb gibt es keinen Anlass, eine dieser Religionen gegenüber der anderen als überlegen hinzustellen." Auch von Seiten der Muslime in Deutschland gab es Kritik. Ali Kizilkaya, der Vorsitzende des Islamrats, sagte, die Aussagen des Papstes seien kein Beitrag zum Dialog der Religionen. Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber und Abgeordnete von CDU und CSU nahmen den Papst dagegen gegenüber den Vorwürfen in Schutz und nannten die Kritik inakzeptabel.

"Zeig' mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat"

In einer theologischen Vorlesung in Regensburg hatte Benedikt XVI für seinen Appell gegen Gewalt und für Vernunft den Dialog zwischen einem christlichen und einen islamischen Gelehrten aus dem 14. Jahrhundert zitiert. Darunter waren Aussagen eines christlich-byzantinischen Kaisers über den Religionsgründer Mohammed: "Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat, und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden wie dies, dass er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten." Die Vernunft verbiete gewalttätiges Vorgehen. "Nicht vernunftgemäß handeln ist dem Wesen Gottes zuwider", zitierte der Papst weiter.

Merkel stellt sich vor den Papst

Bundeskanzlerin Angela Merkel stellte sich demonstrativ vor das Oberhaupt der katholischen Kirche und erklärte: "Wer den Papst kritisiert, verkennt die Intention seiner Rede." Merkel sagte nach Vorabbericht der "Bild"-Zeitung, die Rede des Papstes sei eine Einladung zum Dialog der Religionen. Auch sie halte dies für dringend nötig. "Was Benedikt XVI. deutlich macht, ist die entschiedene und kompromisslose Absage an jegliche Anwendung von Gewalt im Namen der Religion."

Türkischer Politiker vergleicht Papst mit Hitler

Seit Donnerstag, etwas verzögert, überschlagen sich die Reaktionen auf die Papst-Äußerungen. Vor allem Muslime in der Türkei äußerten Kritik, der Vizechef der Regierungspartei AKP verglich Benedikt XVI. mit Hitler und Mussolini. Im Gazastreifen wurde, angeblich als Reaktion auf das Papst-Zitat, ein Anschlag auf eine Kirche verübt. Die verbale Eskalation erinnert an den Auswirkungen des Streits um die Mohammed-Karikaturen, die im Februar dieses Jahres in der dänischen Zeitung "Jyllands Posten" veröffentlicht wurden.

"Im Islam ist der Vernunftgedanke präsent"

Auch Vertreter der Muslime in Deutschland zeigten sich irritiert wegen der Papst-Äußerungen. "Wir waren erfreut, als er zu Beginn des Besuchs an die Politik appellierte, den Dialog zu beschleunigen und zu verstärken", sagte Islamrat-Chef Kizilkaya dem Berliner "Tagesspiegel". "Dies ist allerdings kein positiver Beitrag dazu. Wenn wir alle in die historische Kiste greifen wollten, dann wäre der Dialog kaum möglich." Der Generalsekretär des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, wies auf die ebenfalls "blutige Geschichte" des Christentums hin und wandte sich auch gegen die Aussagen über die Rolle der Vernunft im Islam. "Gerade im Islam ist der Vernunftgedanke besonders präsent."

"Keine feindseligen Motive"

Koschyk, der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, wies die Kritik von Vertretern des Islam zurück: "Der Papst hat in seiner Rede ausschließlich den theologisch-intellektuellen Austausch thematisiert", sagte Koschyk. "Hier feindselige Motive zu vermuten, ist nicht hinnehmbar." Die islamische Welt müsse sich selbstkritisch mit Auslegungen ihrer Religion auseinander setzen, "die der Anwendung von Gewalt Vorschub leisten und zu Fanatismus, Hass und Intoleranz gegenüber Juden und Christen aufrufen."

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FGÜ mit AP/DPA