Stefan Kretzschmar hat erstmals ausführlich über seinen Rauswurf bei den Füchsen Berlin gesprochen und Kritik an der Vereinsführung um Boss Bob Hanning geübt. Das Irritierende sei nicht die Entscheidung an sich, sondern der Zeitpunkt. "Das halte ich für schwierig. Das Timing, in dem das jetzt passiert ist, ist in meiner Welt, in meinen Augen, eher ungünstig und eher auch nicht gut für den Club oder für die Mannschaft", sagte die Handball-Ikone im Dyn-Format "Kretzsche & Schmiso".
Der Doppel-Rauswurf von Sportvorstand Kretzschmar und Meistertrainer Jaron Siewert sowie die Verpflichtung von Nicolej Krickau hatten für Kritik gesorgt. Weil sich die Füchse im ersten Spiel nach dem Personalknall gegen Magdeburg blamierten, wurde Hanning von den eigenen Fans ausgebuht und beschimpft. "Wir wären gerne in diese letzte Saison gegangen und auch gerne darüber hinaus", sagte Kretzschmar, der wie Siewert Vertrag bis Saisonende hatte.
Kretzschmar: Tendenz hatte sich angedeutet
Der Ex-Nationalspieler berichtete außerdem, dass sich die Entscheidung abgezeichnet hatte. Spätestens seit den Äußerungen von Präsident Frank Steffel im Juni sei die Tendenz klar gewesen. Steffel hatte damals in der "Sport Bild" mit Blick auf Siewerts Zukunft gesagt: "Die Frage für ihn ist doch: Wann ist für ihn der beste Zeitpunkt, etwas Neues zu machen?"
Hanning hatte stets betont, im Herbst eine Entscheidung treffen zu wollen. "Das so lange in die Saison reinzutragen, ist semioptimal", befand Kretzschmar. Schließlich habe man die Mannschaft psychologisch auf die Herausforderungen nach einer Meistersaison vorbereitet. "Da brauchst du keine Ablenkung. Da kannst du keine Störfeuer gebrauchen."
Kretzschmar: "Das Problem entsteht nur dann, wenn..."
Dass Hanning und Kretzschmar unterschiedliche Auffassungen hatten, war bekannt. Für Hanning war nicht verhandelbar, Spitzenleistung und die Förderung junger Talente als untrennbare Einheit zu betrachten. Kretzschmar hingegen hätte noch stärker in die Qualität und Tiefe des Kaders investiert.
Hanning sei stark in puncto Geschäftsführung oder Nachwuchsarbeit. Er selbst habe seine Stärken im sportlichen Bereich der Profimannschaft und Siewert sei einfach ein starker Trainer. "Das Problem entsteht nur dann, wenn jemand das machen möchte, was vielleicht seine Schwäche ist", sagte Kretzschmar, ohne seine Äußerung näher erläutern.

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Tägliche Telefonate mit Siewert, Kaffee mit den Spielern
Hanning hatte die Personalentscheidung unter anderem damit begründet, dass man einen Trainer und Sportchef in Personalunion wollte. Siewert, mit dem eigentlich ein neuer Vertrag schon ausgehandelt war, sei schließlich "Opfer des Systems" geworden. "Verstehe ich nicht. Kann ich nicht viel mit anfangen", entgegnete Kretzschmar.
Seinen Zustand bezeichnete er als "enttäuscht" und "emotional angeschlagen". Mit Siewert telefoniere er fast täglich. Auch mit einigen Spielern sei er Essen und Kaffeetrinken gewesen.