Volksentscheid Klimaneutral bis 2040 – was sich in Hamburg jetzt ändert

Die Unterstützer des Volksentscheids für einen strengeren Klimaschutz liegen bei der Auszählung deutlich vorn. Foto: Georg Wendt
Die Unterstützer des Volksentscheids für einen strengeren Klimaschutz liegen bei der Auszählung deutlich vorn. Foto
© Georg Wendt/dpa
Nach dem Volksentscheid muss Hamburg schon bis 2040 klimaneutral werden. Was das für Verkehr, Heizung und Mieten bedeutet, erläutern Senat und Experten.

Nach dem Sieg der Befürworter eines strengeren Klimaschutzes in Hamburg kommen auf die Hansestadt nun deutliche Veränderungen zu. Eine erste Einordnung wollen Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sowie die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) am Montagvormittag (11.00 Uhr) geben. Im Anschluss erläutern Landeswahlleiter Oliver Rudolf und Statistikamt-Nord-Vorständin Meike Johannsen die Ergebnisse der Volksentscheide "Hamburger Zukunftsentscheid" und "Hamburg testet Grundeinkommen".

53,1 Prozent für strengeren Klimaschutz

Aufgrund des Volksentscheids müssen die Hamburgische Bürgerschaft und der rot-grüne Senat die Klimaneutralität der Stadt um fünf Jahre auf 2040 vorziehen. Bei dem "Hamburger Zukunftsentscheid" hatten sich am Sonntag 53,1 Prozent der Abstimmenden für strengere Klimaschutzziele ausgesprochen, 46,9 Prozent votierten dagegen. An der Abstimmung hatten sich nach Angaben von Landeswahlleiter Rudolf 43,7 Prozent der Abstimmungsberechtigten beteiligt. 

Der parallel abgehaltene Volksentscheid zu einem Grundeinkommen-Modellversuch ging aus Sicht der Initiatoren dagegen verloren. Deren Vorlage hatten am Sonntag 62,6 Prozent der Abstimmenden abgelehnt und nur 37,4 Prozent unterstützt. Die Initiative wollte 2.000 repräsentativ ausgewählte Hamburger und Hamburgerinnen drei Jahre mit einem bedingungslosen Grundeinkommen ausstatten und das Modell wissenschaftlich begleiten lassen. Die Kosten für die Stadt hätten laut Initiative bei rund 50 Millionen Euro gelegen.

Gegner befürchten immense Kosten wegen des Zukunftsentscheids

Viel teurer dürften aus Sicht der Gegner nun die Folgen des Zukunftsentscheids werden. Wirtschaft, Immobilienunternehmen und fast alle Bürgerschaftsfraktionen hatten bereits vor dem Volksentscheid vor immensen Kosten unter anderem für die Mieterinnen und Mieter der Stadt gewarnt. Handelskammer-Präses Norbert Aust sagte nach der Abstimmung: "Es ist zu befürchten, dass der Standort Hamburg durch diese unsicheren Rahmenbedingungen im Wettbewerb um Investitionen, Arbeitsplätze und Innovationen zurückfällt."

Der Plan der Initiatoren sieht jährliche Obergrenzen für den CO2-Ausstoß vor. Konkrete Ziele für einzelne Sektoren wie Verkehr, private Haushalte, Gewerbe oder Industrie ergeben sich dem Gesetzentwurf zufolge aus dem Klimaplan der Stadt, der regelmäßig fortgeschrieben wird. Sollten die durch ein regelmäßiges Monitoring überprüften Ziele nicht erreicht werden, müsse mit Sofortprogrammen gegengesteuert werden.

Gutachten: Gas- und Ölkessel bis 2040 aus allen Gebäuden

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Auch Sozialverträglichkeit ist ein Anliegen der Initiative. So dürfen dem Gesetzentwurf zufolge die Kosten etwa für die energetische Sanierung von Wohnraum nur begrenzt an Mieterinnen und Mieter weitergereicht werden. Vermieter wiederum sollen durch Förderprogramme entlastet werden.

Einem Gutachten des Hamburg Instituts und des Öko-Instituts im Auftrag der Stadt zufolge kommen nun deutliche Veränderungen auf die Bürgerinnen und Bürger der Stadt zu. So müssten bis 2040 alle Gas- und Ölkessel in Wohn- und Nichtwohngebäuden ausgetauscht werden – bei gleichzeitiger Stilllegung des gesamten Gasnetzes. Im Wohnungsbau müsste die Sanierung erheblich beschleunigt und der Einbau von mit erneuerbaren Energien betriebenen Heizsystemen wie Wärmepumpen schon jetzt stärker vorangetrieben werden.

Tempo 30 in der gesamten Stadt nötig

Im Verkehr wiederum müsste in der ganzen Stadt Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit eingeführt und der Pkw-Verkehr deutlich reduziert werden. Ferner bedürfte es der Einrichtung von Umweltzonen im Hafen. Für den Bereich Industrie sei es notwendig, Erdgas und Brennstoffe wie Petrolkoks und Raffinerie-Gas vollständig durch Wasserstoff und E-Fuels zu ersetzen. Die komplette Elektrifizierung der Mobilität müsste bis 2040 abgeschlossen sein.

Die Volksinitiative war von der Klimabewegung Fridays for Future angestoßen worden. Zuletzt wurde sie von mehr als 160 Sozialverbänden, Wirtschaftsunternehmen und Kultureinrichtungen unterstützt, darunter die Umweltverbände BUND, Greenpeace und Nabu, die Gewerkschaft Verdi und der FC St. Pauli. Ebenfalls Befürworter waren die Hamburger Kunsthalle, das Schauspielhaus und der Mieterverein Hamburg.

dpa