Starkregen, Hitze, Hagel - für die Organisatoren von Theaterfestivals bringen Klimawandel und Wetterextreme in den Sommermonaten zunehmende Herausforderungen mit sich. Um Bühnen und Zuschauertribünen wetterfest zu machen, sind teils aufwendige bauliche Maßnahmen erforderlich. Das kostet viel Geld bei mancherorts knapp kalkulierten Budgets. Über allem jedoch steht die Sicherheit von Theaterbesucherinnen und -besuchern sowie Schauspielern und Mitarbeitern.
Mit dem Thema Klima und Wetter will sich im Tagesverlauf auch die Arbeitsgemeinschaft der Zehn Deutschen Festspielorte bei einer Tagung in Bad Vilbel beschäftigen. Zu der Arbeitsgemeinschaft gehören in Hessen die Bad Hersfelder Festspiele, die Burgfestspiele Bad Vilbel und in Rheinland-Pfalz die Burgfestspiele Mayen.
Mauersturz nach Starkregen in Bad Vilbel
Die Bad Vilbeler Burgfestspiele beispielsweise hatten erst im vergangenen Jahr die Folgen der Wetterextreme deutlich zu spüren bekommen. Starkregen war in einen Spalt im Mauerwerk der Wasserburg eingedrungen und hatte das Baumaterial so durchnässt, dass ein Teil der Mauer abbrach und herabstürzte. Die aufwendige Sanierung dürfte schätzungsweise rund 300.000 Euro gekostet haben, sagte Intendant Claus-Günther Kunzmann.
Grundsätzlich müsse man bei Inszenierungen unter freiem Himmel für Starkregen ebenso gewappnet sein wie für Blitz und Donner, Hitze und Hagel, sagt Kunzmann. Größtes Problem seien in der Regel die schwer einschätzbaren Gewitter, auch wenn die Bad Vilbeler Wasserburg über einen "exorbitant guten Blitzschutz" verfüge, der wie ein Faradayscher Käfig wirke, einen Blitzeinschlag im Bereich der Zuschauertribüne nicht zulasse und in Zusammenarbeit mit dem TÜV ausgeklügelt worden sei. "Aber es gibt immer ein Restrisiko, muss man sagen", so Kunzmann.
Welche Schutzmaßnahmen bei Hitze?
Auch die teils starke Sonneneinstrahlung spiele immer wieder eine Rolle - bei Vorstellungen am frühen Nachmittag im Hochsommer könne es schon recht heiß werden. Für die Zuschauer halten die Organisatoren deshalb Sonnenmützen und Sonnencreme bereit. Auch eine bessere Verschattung sei derzeit im Gespräch. Zuletzt seien die Schirme auf dem Gelände auch mit einem speziellen System ausgestattet worden, das bei großer Hitze einen feinen Sprühnebel zur Kühlung verteile. Falls es stürmisch wird, halten diese Schirme zudem hohen Windgeschwindigkeiten stand.
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Wetterbedingt absagen habe man noch keine Vorstellung müssen, in der letzten Saison hätten lediglich Vorstellungen an zwei Abenden witterungsbedingt verzögert begonnen, sagt Kunzmann. Sollte eine Vorstellung wegen Unwetters unterbrochen werden müssen, stehe notfalls auch der nahegelegene Theaterkeller zur Verfügung.
Keine Absagen in Bad Hersfeld
Auch die Bad Hersfelder Festspiele betonen, dass noch keine Vorstellung wetterbedingt abgesagt werden musste. "Hin und wieder gab es nur mal eine kurze Unterbrechung", berichtet die Festspielleitung. In der Stiftsruine, dem Hauptspielort der Festspiele, ist das Publikum durch ein Dach vor Regen geschützt, die Bühne ist jedoch offen.
Der damalige Intendant Joern Hinkel hatte zum Abschluss der diesjährigen Saison berichtet, dass Schauspieler auf der regennassen Bühne ausgerutscht seien. "Es hatten fast alle Grippe. Aber sie haben trotzdem weitergespielt, schlotternd, frierend und tropfnass", sagte er im August. Das habe mit dem besonderen Zusammenhalt und der einzigartigen Atmosphäre in Bad Hersfeld zu tun.
Warum kein Dach über der Bühne?
Die Stiftsruine ist nicht im Besitz der Stadt Bad Hersfeld, sondern der staatlichen Schlösser und Gärten. Die Mauern und Bögen im Bereich der Bühne seien höher als an anderen Stellen, sodass Überlegungen, den Bühnenbereich zu überdachen, bisher an technischen Herausforderungen gescheitert seien, erklärte die Festspielleitung auf dpa-Anfrage. Die Dachkonstruktion dürfe die historischen Mauern an keiner Stelle berühren.
Die Auswirkungen des Wetters auf die Nachfrage nach Tickets ist den Angaben zufolge nicht so groß, wie man vielleicht vermuten mag. "Der Großteil der Tickets wird bereits im Vorverkauf von den Besucherinnen und Besuchern erworben", erklärte das Festspiel-Team. "Daher sind die Verkäufe an der Abendkasse, wenn sie mal bei schlechtem Wetter geringer ausfallen sollten, kaum ausschlaggebend."
"Wetter spielt immer mit"
In Mayen hatte spätestens die Flutkatastrophe im nahen Ahrtal im Jahr 2021 die Theatermacher "wachgerüttelt", wie Intendant Alexander May sagt. Der für rund 500 Besucher ausgelegte Zuschauerraum vor der Hauptbühne in der Genovevaburg sei nicht überdacht und die Gäste deshalb Wind und Wetter ausgesetzt. Im Sommer verteile man deshalb bei Hitze Käppis für die Kinder oder verkaufe Regenponchos an die Zuschauer. Eine Überdachung sei zwar im Gespräch gewesen, müsse aber so konstruiert sein, dass etwa bei Regenfällen das Geschehen auf der Bühne nicht übertönt werde.
Falls es zu stark regnet, würden Vorstellungen auch mal unterbrochen, sagt May. "Die Zuschauer stellen sich unter, dann wird die Bühne abgezogen und dann geht es weiter." Die Festspiele hätten ein sehr treues Publikum, das wisse, dass das Wetter immer mitspiele. Bei Gewittern könne es aus Sicherheitsgründen auch schon mal zum Abbruch einer Vorstellung kommen - bei zuletzt 140 Vorstellungen in der Saison sei das aber nur einmal vorgekommen.