Im Drogenprozess gegen sechs Angeklagte wegen des Schmuggelns großer Mengen an Marihuana erhebt die Verteidigung schwere Vorwürfe gegen die Staatsanwaltschaft Gera. Wie der Dresdner Rechtsanwalt Endrik Wilhelm dem Mitteldeutschen Rundfunk sagte, solle die Anklage der Verteidigung entlastende Unterlagen vorenthalten haben. Er habe deshalb Strafanzeige wegen Urkundenunterdrückung und Rechtsbeugung gestellt, heißt es weiter. Die Staatsanwaltschaft Gera weist die Anschuldigungen zurück, sagte Pressesprecher Thomas Riebel der Deutschen Presse-Agentur.
Demnach geht es um handschriftliche Unterlagen eines der Angeklagten, der als Kronzeuge in dem Verfahren ausgesagt hat. Die Notizen im Umfang von 73 Seiten sollen nach Angaben der Verteidigung den Vorwurf der Staatsanwaltschaft entkräften, dass es sich bei einem der sechs Angeklagten um den Kopf einer internationalen Drogenbande handelt.
Staatsanwaltschaft: Notizen waren Gedächtnisstütze für Aussage
Die Staatsanwaltschaft hält dagegen, dass der Kronzeuge den Inhalt der Notizen in seinen Aussagen sowohl in der polizeilichen Vernehmung als auch vor Gericht weitgehend deckungsgleich wiedergegeben habe. Die Aufzeichnungen habe der Angeklagte als Gedächtnisstütze für sich angefertigt, so Sprecher Riebel. Die Anfertigung einer solchen "Vernehmungshilfe" sei nicht unüblich. Sie müsse aber nicht zwingend in die Akten einfließen. In der Hauptverhandlung waren die Notizen schließlich an die Verteidigung übergeben worden, so Riebel weiter.
Das Verfahren der Staatsanwaltschaft Gera geht zurück auf eine großangelegte Drogenrazzia in Sachsen und Sachsen-Anhalt vor rund einem Jahr. Die Ermittler hatten unter anderem 316 Kilogramm Marihuana sichergestellt. Ausgangspunkt der Ermittlungen war den Angaben des Zolls zufolge die Sicherstellung von 60 Kilogramm Marihuana im Mai vergangenen Jahres. Die Drogen seien aus Kanada gekommen und für eine Person aus Erfurt bestimmt gewesen.