Polizeiausstattung Polizei-Bodycams: Gerissene Frist führt zu Streit

Seit Ende 2024 ist vorgesehen, dass Thüringer Polizisten mit Bodycams ausgestattet sind, die automatisch eine Aufzeichnung start
Seit Ende 2024 ist vorgesehen, dass Thüringer Polizisten mit Bodycams ausgestattet sind, die automatisch eine Aufzeichnung starten, wenn die Dienstwaffe gezogen wird. (Archivbild) Foto
© Klaus-Dietmar Gabbert/dpa
Es geht um Pistolen und Bodycams von Polizisten: Seit fast einem Jahr sollen die Beamten mit verbesserter Technik ausgerüstet sein. Sind sie aber nicht. Die Sache belastet Gespräche über ein Gesetz.

Eine überschrittene gesetzlich verankerte Frist bei der Ausstattung der Thüringer Polizei mit sogenannten Bodycams belastet aus Sicht der Linken Gespräche über ein neues Polizeiaufgabengesetz. Dass das Innenministerium es bislang nicht geschafft habe, das Bodycam-System der Landespolizei zu verbessern, sei ein Hindernis für weitere Gespräche über die vom Ministerium geplanten Gesetzesänderungen, sagte der innenpolitische Sprecher der Linke-Landtagsfraktion, Ronald Hande, der Deutschen Presse-Agentur.

"Wenn das Ministerium die Linke für eine neuerliche Polizeirechtsänderung gewinnen will, dann klappt das nicht, wenn man hier die bisherige gesetzliche Grundlage nicht umsetzt und verschleppt", so Hande. Die Auffassung dazu, ob die geforderte Verbesserung technisch schon verfügbar wäre, geht zwischen den Linken und dem Innenministerium weit auseinander.

Hintergrund des Streits

Nach der aktuell gültigen Fassung des Thüringer Polizeiaufgabengesetzes, sollten die Bodycams von Vollzugsbeamten eigentlich ab Ende 2024 so ausgerüstet sein, dass sie sich automatisch einschalten, wenn ein damit ausgestatteter Polizist seine Dienstwaffe zieht. Noch immer sind die bei der Thüringer Polizei verwendeten Bodycams allerdings nicht in der Lage, diese gesetzliche Vorgabe zu erfüllen.

Kleine Kameras am Körper

Bodycams sind kleine, am Körper der Polizisten befestigte Kameras, die aufzeichnen können, was sich während eines Einsatzes abspielt. Das soll unter anderem dazu beitragen, das Handeln der Polizei transparenter zu machen und Beweise für Ermittlungsverfahren zu sichern.

Ein Sprecher des Innenministeriums sagte, dass die Technik trotz der Vorgabe im Gesetz noch nicht im Einsatz sei, habe mit dem Signalgeber zu tun, der das automatische Einschalten auslösen soll. Dieser Signalgeber sei zwar seit geraumer Zeit grundsätzlich marktreif. Es seien aber etwa noch Anpassungen der Software nötig. 

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Außerdem müsse sichergestellt werden, dass der Signalgeber über einen Träger zum Pistolenholster der Polizisten passe und dessen Funktionsfähigkeit nicht beeinträchtigen dürfe. "Zudem ist es Ziel, die auszustattenden Einsatzkräfte nicht mehr als notwendig in deren gesamten Arbeitsabläufen zu beeinträchtigen, sodass letztlich auch eine umfangreiche Erprobung des Attributes notwendig wird", so der Sprecher. Es werde deshalb noch dauern, bis das Bodycam-System verbessert werden könne.

Linke hat kein Verständnis für Verzögerung

Hande bewertet die Lage anders. "Wir als Linke haben uns 2023 von einem Anbieter ein funktionierendes System präsentieren lassen", sagte er. "Dieses ist seit 2017 auf dem Markt." Er könne nicht nachvollziehen, warum die Technik noch nicht in Thüringen im Einsatz sei.

Der Sprecher des von Innenminister Georg Maier (SPD) geführten Ministeriums wies die Vorwürfe zurück. Bei der im Gesetz genannten Frist handle es sich ohnehin nur um eine Soll-Bestimmung. Damit könne die Landesregierung die Technik "in einem angemessenen Zeitraum" einführen

Aktuell seien die Bodycams in Thüringen flächendeckend ohne einen automatisierten Signalgeber im Einsatz. "Wenn also eine europaweit einzigartige Auslösetechnik für die Bodycams angestrebt wird, liegt es ja auf der Hand, dass die Beschaffung dieser Technik etwas Zeit in Anspruch nimmt", sagte der Sprecher.

Brombeerfraktionen indirekt auf Linke angewiesen

Das Thüringer Innenministerium plant seit Monaten schon eine grundlegende Überarbeitung des Polizeiaufgabengesetzes. Bislang lehnen aber – aus unterschiedlichen Gründen – sowohl Linke als auch AfD die vorgeschlagenen Änderungen ab. Da das Brombeer-Bündnis aus CDU, SPD und BSW in seinem Koalitionsvertrag eine Kooperation mit der AfD ausgeschlossen hat, ist es auf die zumindest indirekte Unterstützung der Linke-Fraktion angewiesen, wenn das Polizeiaufgabengesetz des Freistaats geändert werden soll.

dpa