Lindner-Blockade Das Rentensystem belastet vor allem die Jungen – aber auch Ältere sollten privat vorsorgen

Gif zeigt einen Patanostra Aufzug in dem ein älterer Armer Mann nach unten und ein reiches altes Paar nach oben fährt
Geht es im Alter aufwärts oder abwärts? Das hängt vor allem davon ab, ob man früh genug angefangen hat zu sparen – und ob man es auf die richtige Art getan hat
© Lennart Menkhaus / stern
Die Regierung scheitert an einer Rentenreform, die auch junge Menschen ausreichend absichert. Wer entspannt alt werden will, sollte deshalb selbst vorsorgen. Wie geht das am besten?

Eine kleine Spitze konnte sich Sozialminister Hubertus Heil nicht verkneifen, als er Anfang März seine Rentenpläne vorstellte. Es gebe ja immer mehr Menschen, die länger arbeiten wollten, stichelte er. Er denke da etwa an den Oppositionsführer. Tatsächlich ist CDU-Chef Friedrich Merz inzwischen 68 Jahre alt ist und könnte längst in seinem Ferienhaus am Tegernsee den Ruhestand genießen. Hubertus Heil wäre darüber wohl nicht traurig – was auch an den Ideen liegt, die Merz in Sachen Alterssicherung propagiert: Er findet, man solle das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung koppeln, es also steigern.

Für den Sozialdemokraten Heil ist so etwas keine Option. Und auch seine Koalitionspartner wollen an die Altersbezüge (erst mal) nicht ran. Nur, ein schlichtes Nein kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Deutschland ein Problem hat – und zwar ein großes. Die Beitragszahler werden immer weniger, die Rentner immer mehr. Kamen im Jahr 2000 nur 27 über 65-Jährige auf 100 Menschen zwischen 20 und 64 Jahren, werden es 2035 wohl 49 Alte auf 100 Junge sein.

Ein Pfeil mit 500 Euro-Scheinen zeigt nach oben
© Lennart Menkhaus / stern

Statt den Alten etwas zuzumuten – zum Beispiel, länger zu arbeiten –, schlägt die Ampel jetzt die andere Richtung ein: Sollen doch die Jungen gucken, wie sie es hinbekommen. Die Regierung will das Rentenniveau bis 2039 festschreiben. Alle, die heute über 52 Jahre alt sind, können aufatmen: Ihre Rente ist sicher – wenn man das derzeitige Leistungsniveau im Rentensystem als ausreichend betrachten will.

Für alle anderen ist vor allem eines sicher: Sie werden immer mehr in das System einzahlen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass der Beitragssatz 2028 von 18,6 auf 20 Prozent steigen wird, bis 2035 dann auf 22,3 Prozent. Und schon heute finanziert der Bund einen großen Teil der Rente mit. Über 100 Milliarden Euro fließen aus Steuermitteln in die Rente – das sind etwa 20 Prozent des gesamten Bundeshaushalts.

Für die eine große Lösung ist es zu spät

"Die Politik macht aktuell nicht nur zu wenig, sondern sogar genau das, was sie nicht machen sollte: einseitig bei den Alten entlasten, anstatt die Lasten gleichmäßig zu verteilen", sagt Silke Übelmesser, Professorin für Öffentliche Finanzen an der Universität Jena. Deprimierend sei das vor allem, weil man das Problem schon in den 1980er-Jahren erkannt habe. Um jetzt, wo die Babyboomer sich verabschieden, noch etwas zu ändern, brauchte es die Mega-Reform. Oder eher: megaviele Reformen. Denn für die eine große Lösung ist es zu spät.

Erschienen in stern 20/2024