Der als "Sheriff der Wall Street" und "Mr. Saubermann" bekannt gewordene Gouverneur des US-Bundesstaates New York, Eliot Spitzer, steht vor dem Ende seiner Karriere. Nachdem die "New York Times" enthüllt hatte, dass er Kunde eines Clubs von Edelprostituierten gewesen sein soll, werden die Forderungen nach seinem Rücktritt immer lauter. Offenbar geriet Spitzer in das Visier der Finanzbehörden über einen Ring von Luxusprostituierten namens "Emperors Club VIP". Den Berichten zufolge wurden im Februar Telefongespräche abgehört, in denen Spitzer - bekannt als "Kunde Nr. 9" -ein Treffen mit der Prostituierten "Kristen" im Zimmer 871 eines Washingtoner Hotels arrangierte. Mehr als 5000 Dollar soll er insgesamt dafür gezahlt haben.
Die Frau wird in den Gerichtsdokumenten als "zierliche, hübsche Brünette" beschrieben. Die Tür des Hotelzimmers sollte nur angelehnt sein, wie es weiter heißt. Die Kosten für die Zugfahrt des Callgirls von New York nach Washington, Geld fürs Taxi, Zimmerservice und Minibar - alles sollte von "Kunde 9" bezahlt werden. "Ja, genau wie in der Vergangenheit. Daran gibt es keine Frage", sagte der Anrufer laut Gerichtsakten zu Kristens Boss.
"Hohe Standards" selbst nicht erfüllt
In einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz entschuldigte sich Spitzer bei seiner Familie für "eine private Sache" und erklärte, er habe die "hohen Standards nicht erfüllt, die ich mir selbst gestellt habe". Er ging weder auf den Zeitungsbericht ein, noch erwähnte er einen Prostitutionsring. Rufe von Reportern, ob er zurücktritt, ignorierte er. Spitzer ist seit 1987 verheiratet und hat drei Töchter.
Der Fall des Politikers ist besonders pikant, hatte sich Spitzer doch in seiner Zeit als Justizminister und Generalstaatsanwalt von New York als unerbittlicher Kämpfer für Recht und Moral profiliert. Er sprengte der "New York Times" zufolge 2004 mindestens zwei Prostituiertenringe und sprach mit "Abscheu und Wut" über diese Verbrechen. Prostitution ist in New York wie in den meisten US-Bundesstaaten illegal.
Noch bekannter wurde Spitzer jedoch wegen seines Vorgehens gegen Finanz- und Investmentfirmen an der Wall Street sowie deren Spitzenleute, die er wegen unangemessenen Geschäftsgebarens anprangerte und teilweise auch strafrechtlich verfolgte. Zu den "Giganten der Wall Street", die er zu Fall brachte, gehörten unter anderem Maurice "Hank" Greenberg, der frühere Chef des Versicherungskonzerns American International Group, sowie der frühere Chef der New York Stock Exchange, Richard Grasso, den Spitzer sogar auf Rückzahlung des Großteils seines 140 Millionen schweren Gehaltspakets verklagte. Das Magazin "Time" gab ihm dafür den Titel "Kreuzfahrer des Jahres 2002". Das "Wall Street Journal" warf ihm vor, als Generalstaatsanwalt übermäßig aggressiv vorgegangen zu sein. Sein Fehlverhalten jetzt zeige, dass er nicht in der Lage sei, die Existenz oder zumindest die Notwendigkeit von Grenzen zu erkennen.
Spitzer nicht beliebt an Wall Street
"Machen Sie sich auf ein Fest der Schadenfreude an der Wall Street gefasst" sagte Barry Ritholtz von Fusion IQ. Sein Kollege Tom Schrader von Stifel Nicolaus Capital Markets stimmt dem zu. "Er ist an der Wall Street nicht sehr beliebt." Die Republikaner fordern Spitzers Rücktritt. Normalerweise würde er niemals versuchen, sich aus der persönlichen Tragödie eines Gegners einen Vorteil zu verschaffen, erklärte Peter King, ein republikanischer Abgeordneter im Staatsparlament. Bei Spitzer sei das aber anders: "Dieser Kerl ist so selbstgerecht und nachtragend." Der Juraprofessor Carl Tobias aus Richmond weist darauf hin, dass Kunden von Prostituierten oft ohne Anklage davonkommen. Es sei unwahrscheinlich, dass Spitzer angezeigt werde. "Vor allem wenn er zurücktritt, wird man ihn vermutlich in Ruhe lassen", glaubt der Rechtsexperte. "Vielleicht ist die Öffentlichkeit zufrieden, wenn er seinen Hut als Gouverneur nimmt."