Statistik Kinder und Ehe sind out

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden seit dem Bestehen der Bundesrepublik noch nie so wenig Kinder gezeugt, noch nie sind Paare so selten vor das Standesamt getreten. Was ist los mit den Deutschen?

Die Zahl der Geburten und Eheschließungen in Deutschland ist auf ein Rekordtief gesunken. Im vergangenen Jahr seien nur 715 000 Kinder lebend zur Welt gekommen, so wenige wie noch nie seit Bestehen der Bundesrepublik, berichtete das Statistische Bundesamt am Montag in Wiesbaden. Auf den niedrigsten Stand seitdem sank auch die Zahl der Hochzeiten. Sie lag im Jahr 2003 bei 383 000. Da sich weniger Menschen Kinder wünschten, gebe es auch weniger Ehen, sagte die Geschäftsführerin von pro familia in Baden-Würtemberg, Manuela Rettig: "Geheiratet wird heute meistens wegen des Kindes."

1964 war das kinderreichste Jahr

Im vergangenen Jahr wurden 9000 Kinder weniger geboren als im Jahr zuvor, das entspricht einem Rückgang von 1,3 Prozent. 1964, dem kinderreichsten Jahr, kamen dagegen in Ost- und Westdeutschland insgesamt rund 1,4 Millionen Babys zu Welt - fast doppelt so viele wie 2003. Seitdem ist der Trend insgesamt rückläufig. Nur in den späten 70ern und in den 80ern nahm die Zahl der Geburten etwas zu. Ähnlich sieht die Entwicklung bei den Eheschließungen aus: Ihre Zahl sank im Vergleich zum Vorjahr um 5000 oder 1,4 Prozent. 1950 gab es fast zwei Mal so viele Hochzeiten wie im vergangenen Jahr.

Gestiegen ist dagegen die Zahl der Sterbefälle. Im vergangenen Jahr starben in Deutschland 858 000 Menschen, 13 000 oder 1,6 Prozent mehr als 2002. Damit gab es im vergangenen Jahr 143 000 mehr Todesfälle als Geburten. Dieses Geburtendefizit war um 23 000 größer als im Jahr zuvor.

Staat tut zu wenig für Kinder

"Der Kinderwunsch ist nicht mehr einfach gegeben", sagte Rettig. Ein Grund sei das Problem der Kinderbetreuung. Es gebe zu wenig Krippenplätze für die Kleinen. "Ganz schlimm wird es aber, wenn die Kinder in die Schule kommen", sagte Rettig und forderte mehr Ganztagsschulen.

Schuld am Geburtenrückgang ist nach Meinung der Expertin auch die wirtschaftlich schlechte Lage. Die Berufsaussichten seien unsicherer geworden - auch für Männer. "Das lässt wohl die Männer an ihrer Ernährerrolle zweifeln." Zugleich seien die Ansprüche von Familien gewachsen. "Da muss der Familienkombi her und die schöne Wohnung mit Garten." Ohne Kinderwunsch sehen aber nach Rettigs Ansicht viele Paare keinen Grund zur Heirat. Deshalb gehe die Zahl der Ehen zurück. Zudem seien uneheliche Lebensgemeinschaften inzwischen genauso akzeptiert wie Ehen.

DPA
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