Türkei Gegen den Papst und die "Kreuzfahrer"

Zwei Tage vor seiner Reise in die Türkei haben 25.000 muslimische Demonstranten gegen den Besuch von Papst Benedikt XVI. protestiert. Er sei im Land nicht erwünscht. Das Kirchenoberhaupt hingegen grüßte das "liebe türkische Volk".

Kurz vor der Türkei-Reise von Benedikt XVI. haben rund 25.000 Menschen in Istanbul gegen den Besuch protestiert. Der Papst solle zu Hause bleiben oder sich gezielt für die Gleichstellung von Islam und Terror entschuldigen, hieß es auf Spruchbändern unter Bezug auf die Regensburger Papst-Rede mit dem umstrittenen islamkritischen Zitat. "Unsere Geduld ist am Ende", riefen die überwiegend jugendlichen Demonstranten, die trommelnd mit türkischen Nationalfahnen und Stirnbändern mit islamischen Slogans durch die Stadt zogen. Veranstalter war eine islamische Partei, die den Protest unter das Motto "Gegen die Allianz der Kreuzfahrer" gestellt hatte.

Hintergrund der Demonstration, bei der die Veranstalter mit 75.000 Teilnehmern gerechnet hatten, sind die umstrittenen Islam-Äußerungen des Papstes während seines Besuchs in Deutschland im September. Die am Dienstag beginnende Reise des Papstes ist die schwierigste seines bisherigen Pontifikats.

"Kann nicht still sein, wenn der Prophet beleidigt wird"

"Die Muslime wollen den Papst nicht in ihrem Land", sagte einer der Demonstranten, der 28-jährige Architekt Ferdi Borekci. "Sehen sie sich doch das Leiden in Palästina, Tschetschenien und dem Irak an - für mich hat das mit dem Christentum zu tun." Ähnlich äußerte sich der Student Husamettin Aycan Alp. "Ich kann nicht still sein, wenn der Prophet Mohammed beleidigt wird. Ich liebe ihn doch mehr als mich selbst." Papst Benedikt sei nur gewählt worden, weil er gegen den Islam sei und sich vor einer Ausbreitung des Islam in Europa sorge.

Der Vatikan bestätigte derweil, das Oberhaupt der Katholiken werde in Istanbul auch die Blaue Moschee besuchen, eine der bedeutendsten muslimischen Stätten. Vatikan-Sprecher Federico Lombardi wertete dies als Zeichen des Respekts vor allen Muslimen. Es wäre Benedikts erster Gang als Papst in ein muslimisches Gotteshaus. Sein Vorgänger Johannes Paul II. hatte 2001 in Damaskus als erster Papst überhaupt eine Moschee besucht.

Benedikt selbst würdigte in einer Ansprache vom Fenster seines Amtssitzes die reiche Geschichte und Kultur der Türkei. Deshalb wolle er "dem lieben türkischen Volk" sowie den Politikern dieses Landes seine Wertschätzung und aufrichtige Freundschaft bekunden. Die auf dem Peterplatz versammelten Gläubigen rief der Papst dazu auf, für ein gutes Gelingen seiner Reise zu beten.

In der Türkei hat die Regensburger Papst-Rede vom 12. September heftige Proteste ausgelöst. Zur Großdemonstration am Sonntag hatte eine Gruppierung aufgerufen, deren Führung sich nach eigenen Worten von dieser Rede zutiefst beleidigt fühlte. Die Demonstranten stellten auf der Straße vom Istanbuler Flughafen ins Stadtzentrum zahlreiche Schilder mit Parolen gegen den Papst auf. Rund 4.000 Polizisten waren im Einsatz, um Ausschreitungen zu verhindern.

Außenminister Abdullah Gül erklärte, der Papst-Besuch könne dazu beitragen, einige der Missverständnisse zwischen Christen und Muslimen auszuräumen. Entscheidend sei, welche Signale Benedikt während seines Aufenthalts in der Türkei aussenden werde. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, erhofft sich von der Reise Verbesserungen für die Katholiken in dem muslimischen Land. Noch genieße die katholische Kirche in der Türkei keine volle Religionsfreiheit, sagte Lehmann der "Bild am Sonntag" und fügte hinzu: "Für den nicht immer spannungsfreien Dialog mit dem Islam kann der Besuch wichtige Impulse geben." Ebenso wichtig sei eine weitere Annäherung zwischen der katholischen und der orthodoxen Kirche, die dem Papst ein Herzensanliegen sei.

AP · Reuters
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