FBI-Chef erklärt Rassismus "Auf ein schwarzes Gesicht reagieren wir anders"

Die Fälle tödlicher Polizeigewalt gegen Schwarze in den USA haben eine Debatte über Rassismus entfacht. FBI-Chef Comey räumte nun ein, dass es Vorurteile bei der Polizei gebe - und nannte Gründe.

Der FBI-Direktor James Comey hat in einer ungewöhnlich offenen Rede rassistische Vorurteile bei vielen Polizisten eingestanden. Viele Mitglieder der weißen Mehrheit würden "anders auf ein weißes Gesicht als auf ein schwarzes Gesicht reagieren", sagte Comey in der Georgetown University in Washington.

Besonders Polizisten in mehrheitlich schwarzen Vierteln mit hoher Kriminalität würden unbewusst Vorurteile entwickeln. Er reagierte damit auf die Debatte über unverhältnismäßige Gewalt von Polizisten gegenüber Schwarzen, die durch die Tötung mehrerer unbewaffneter Schwarzer ausgelöst worden war.

Die Beamten hätten häufig in Städten zu tun, in denen der überwiegende Teil der Straßenkriminalität von Schwarzen begangen werde. Sowohl schwarze als auch weiße Polizisten würden schwarze Bürger dann oft in einem anderen Licht sehen als weiße. "Nach Jahren der Polizeiarbeit können die Beamten sich nicht dagegen wehren, von dem Zynismus beeinflusst zu werden, den sie empfinden", sagte Comey. Es handele sich um eine "mentale Abkürzung", weil die Schwarzen in den Augen der Beamten so aussähen wie viele, die sie bereits verhaftet hätten.

Vorurteile, aber kein Rassismus?

"Die zwei jungen schwarzen Männer auf der einen Straßenseite sehen so aus wie viele andere, die der Beamte eingesperrt hat. Zwei junge weiße Männer auf der anderen Straßenseite - selbst in denselben Kleidern - tun es nicht", sagte Comey zur Erklärung von Vorurteilen unter Polizisten. Dies führe zu einem anderen Verhalten gegenüber Schwarzen - habe aber nichts mit Rassismus der Polizei zu tun.

Die Wahrheit sei, dass schwarze Jugendliche es in der US-Gesellschaft schwerer hätten, etwa weil die Schulabbrecherquote und Arbeitslosigkeit unter ihnen doppelt so hoch sei wie unter Weißen, so der Direktor der US-Bundespolizei.

Die Polizei müsse die Sichtweise der jungen Schwarzen verstehen und ihnen mit "Respekt und Anstand" begegnen, doch müssten auch die Bürger besser verstehen, welche "schwierige und angsterregende Arbeit" die Polizisten verrichteten, sagte Comey.

Die zweite harte Wahrheit sei, dass wir alle unbewusst Vorurteile mit uns herumtrügen, und "dass viele Menschen in unserer mehrheitlich weißen Kultur unbewusst Vorurteile gegenüber anderen Rassen haben und auf ein weißes Gesicht anders reagieren als auf ein schwarzes", sagte der FBI-Chef. Die Herausforderung sei, die "bequemen mentalen Abkürzungen" zu überwinden, die allzu leicht zur Gewohnheit würden.

Gregor Peter Schmitz mit den Buchstaben GPS

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Eine Reihe von Fällen, bei denen Polizisten unbewaffnete Schwarze erschossen, hatten Ende vergangenen Jahres zu landesweiten Protesten geführt. Nach dem Mord an zwei New Yorker Polizisten aus Rache für die früheren Todesfälle wurden aber auch Vorwürfe laut, dass die Debatte zu weit gegangen sei.

DPA
kis/AFP/DPA