Wohnung gesucht – Umzugsgeschichten Johanna, 20: "Ich schlafe im Konferenzraum einer Firma auf dem Boden, weil ich keine Wohnung finde"

  • von Gerrit-Freya Klebe
Eine Frau liegt auf einem Koffer in einem Büro
Jette Johanna Sørensen schläft in einem Konferenzraum. Sonst müsste sie mindestens vier Stunden pro Tag Auto fahren. 
© Die Illustration wurde von einer Künstlichen Intelligenz nach Vorgaben von Gerrit-Freya Klebe erstellt. | AI von Canva
Johanna ist Auszubildende und auf Wohnungssuche. Doch sie findet einfach nichts. Seit zwei Monaten wohnt sie nun im Konferenzraum einer Firma. Wenn dort Konferenzen stattfinden, muss sie kurzzeitig ausziehen.

Wenn Jette Johanna Sørensen morgens aufwacht, sieht sie Konferenztische und Stühle. Ihre Matratze liegt auf dem Boden, die Kleidung hängt an einer Stange, wie man sie von Flohmärkten kennt. Die meisten Sachen verstaut sie in ihrem Koffer.

Seit zwei Monaten lebt die 20-Jährige nun so. Tagsüber ist sie Auszubildende zur Kauffrau für Marketingkommunikation. Nachts schläft sie im Konferenzraum einer Firma auf dem Boden, auf einem alten, fusseligen Teppich mit einigen Flecken.

"Warum wollen Sie umziehen?" Die Antworten auf diese Frage sind so vielfältig und spannend wie der Wohnungsmarkt selbst. In dieser Serie lässt der stern jede Woche Menschen erzählen, warum sie eine neue Wohnung suchen.

In Hannover findet sie keine Wohnung. Dabei hat sie schon viel versucht. Für ihre Traumwohnung, hölzerne Deckenbalken und Balkon, hat sie eigens eine Powerpoint-Präsentation über sich erstellt, warum sie die richtige Mieterin wäre. Ohne Erfolg.

Die Firma, in der sie nun übernachtet, gehört einer Freundin ihrer Familie. Schwerpunkt IT-Sicherheit. Fast nur Männer arbeiten dort. Nach ihrer ersten Nacht im Konferenzraum kam sie morgens in die Teeküche, erzählt sie, wollte sich dort Frühstück machen. Doch die Teeküche war voller Männer, die noch nichts von ihrer neuen Untermieterin wussten. Sie starrten Johanna erstaunt an, während sie zum Kühlschrank ging. 

  

Mit ihrem strahlenden Lächeln hofft sie, eine Wohnung zu finden.
Mit ihrem strahlenden Lächeln hofft sie, eine Wohnung zu finden.
© privat

Inzwischen haben sich alle aneinander gewöhnt. Meist arbeitet Jette Johanna Sørensen bis 17 Uhr, danach kann sie in den Konferenzraum fahren wie in ein Zuhause. Doch schon mehrmals kam es vor, dass dort noch Konferenzen stattfinden sollten bis 19 Uhr. Ihre persönlichen Dinge wurden für die Zeit in eine Abstellkammer gelegt. 

An den Wochenenden fährt sie die zwei Stunden nach Hause, zu ihrem Vater, ihrer Schwester und ihrer Katze Milou. Sie will dort Wäsche waschen, sie will nicht jede Woche dasselbe anziehen. In ihrem Heimatort kennt sie sich aus, hat dort ein Zimmer, ein Bett. In Hannover findet sie sich manchmal nur mit GoogleMaps zurecht. 

Zwei Zimmer soll ihre Traum-Wohnung haben. Gäste will sie nicht in ihr Schlafzimmer einladen müssen. Nicht mehr als 550 Euro darf es kosten. Mehr Wünsche hat sie nicht, und doch will es einfach nicht klappen.

Gregor Peter Schmitz mit den Buchstaben GPS

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