Raus aus dem kühlen Nass Londons, hinein ins sonnige Los Angeles – der britische Popstar Adele hat sich schon vor Jahren aus der Stadt an der Themse verabschiedet und damit auch vom ewigen Grau-in-Grau. Wie sie jetzt in einem Interview mit dem "Hollywood Reporter" erzählte, war die Übersiedlung nach Übersee auch eine Entscheidung für ihre psychische Gesundheit. Sie leide an "schweren saisonalen Depressionen", weshalb das Wetter in Los Angeles gut für sie sei. Warum ist das so?
Was genau ist eine saisonale Depression?
Wiederholen sich Symptome einer depressiven Episode ausschließlich zu einer bestimmten Jahreszeit, spricht man von saisonal bedingter Depression, auch als saisonal-affektive Störung (SAD) bekannt, erklärt die Deutsche Depressionshilfe. In den meisten Fällen handelt es sich um die sogenannte Winterdepression, die meist dann einsetzt, wenn die Tage im Herbst kürzer und dunkler werden und mehr Melatonin produziert wird. Weniger bekannt ist die Sommerdepression, bei der ein niedrigerer Melatoninspiegel die Stimmungslage aus dem Gleichgewicht bringt. Neben Hormonen können auch Stress und der allgemeine Gesundheitszustand Einfluss auf die Wetterfühligkeit haben.
Welche Rolle spielt der Melatoninspiegel?
Melatonin ist das Hormon, das unseren Schlaf-Wach-Rhythmus steuert. Haben wir zu wenig Melatonin im Körper, kann das dazu führen, dass wir schlecht in den Schlaf finden. Wird zu viel des Hormons produziert, kann das ständige Müdigkeit verursachen und dazu führen, dass wir am liebsten nur noch schlafen wollen. Produziert wird das Hormon hauptsächlich nachts, im Dunkeln. Je mehr Tageslicht vorhanden ist, desto gehemmter ist in der Regel die Melatoninproduktion. Wird es draußen also nicht richtig hell, bleibt der Melatoninspiegel erhöht, der Schlafrhythmus und damit auch die innere Uhr geraten durcheinander. Müdigkeit, gedrückte Stimmung und Antriebslosigkeit können eine Folge sein. Halten sich die Symptome über einen längeren Zeitraum, kann sich daraus eine Depression entwickeln.
Wie viele Menschen sind betroffen?
Adele ist mit ihrem Leiden nicht allein. Schätzungen zufolge sind etwa 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung von einer milden Form der saisonalen Depression betroffen, ist auf dem Informationsportal der Neurologen und Psychiater im Netz nachzulesen. Betroffene dieser milden Variante kommen demnach morgens schlecht aus dem Bett, sind dauernd müde und haben oftmals auch gesteigerten Appetit. Der Heißhunger konzentriert sich dann vornehmlich auf Süßes. Bei weiteren etwa fünf Prozent handelt es sich allerdings um eine ausgeprägte depressive Episode. Zu den Symptomen gehören neben Tagesmüdigkeit, Erschöpfung und Energielosigkeit auch Angstzustände. In solchen Fällen sollte ein Facharzt aufgesucht werden, der dann auch ermittelt, ob es sich um eine saisonale oder eine andere Depressionsform handelt. Studien weisen daraufhin, dass jüngere Menschen vermehrt an saisonalen Depressionen leiden, Frauen sind häufiger betroffen als Männer.
Warum fühlt sich Adele in Los Angeles besser?
Zahlreiche Studien weisen daraufhin, dass Lichttherapie bei saisonalen Depressionen wirkt. So können unter anderem tägliche Spaziergänge Linderung verschaffen, selbst wenn das Wetter trüb ist. UV-Licht dringt auch durch bedeckten Himmel. Empfohlen wird mindestens eine Stunde Aufenthalt im Freien täglich. Alternativ können entsprechende Therapielampen mit 2500 bis 10.000 Lux genutzt werden. Licht bekommt Adele in Los Angeles genug. Dort scheint die Sonne im Schnitt an 283 Tagen im Jahr. Eine Tatsache, an der Adele mitunter zu knapsen hat: "Das Wetter hier ist gut für mich. Aber manchmal ist es seltsam, weil ich sehr britisch bin."