Oxford-Studie Gehirn kann nach Covid-19-Infektion schrumpfen

Abbildung des Coronavirus
Bei Menschen, die mit Sars-CoV-2 infiziert waren, stellten Forschende Veränderungen im Hirn fest.
© BlackJack3D/Getty Images
Schon ein milder Verlauf von Covid-19 kann Anomalien im Hirn auslösen und das ganze Organ schrumpfen lassen. Das haben Forschende der Universität Oxford herausgefunden.

Eine Corona-Infektion kann das menschliche Gehirn offenbar schon bei milden Verläufen schädigen. Zu diesem Schluss kommen Wissenschaftler:innen der Oxford-Universität in einer Studie, die in der Fachzeitschrift "Nature" erschienen ist. Die Forschenden haben die Gehirnveränderungen von Menschen, die sich mit Sars-CoV-2 infiziert hatten, mithilfe von Gehirnscans und kognitiven Tests untersucht.

Nach einer Corona-Infektion verringerte sich die Dicke der grauen Substanz in Gehirnregionen, die unter anderem Erinnerungen und Emotionen steuern. Teile des zentralen Nervensystems werden als graue Substanz bezeichnet. Ebenso dokumentierten die Forschenden Schäden in Gehirnbereichen, die mit dem Geruchssinn verknüpft sind.

Außerdem schrumpfte das gesamte Organ bei infizierten Proband:innen stärker als bei nicht infizierten Personen. Es ist normal, dass Menschen mit zunehmendem Alter jedes Jahr einen kleinen Teil der grauen Substanz in gedächtnisrelevanten Bereichen des Hirns verlieren – 0,2 bis 0,3 Prozent, wie die Hauptautorin der Studie Gwenaëlle Douaud, außerordentliche Professorin für Neurowissenschaften an der Universität Oxford, gegenüber "CNN" erklärte. Bei Infizierten stellten die Forschenden fest, dass die Gehirngröße zusätzlich um 0,2 bis zwei Prozent geschrumpft ist, im Vergleich zu der Kontrollgruppe. Zudem war bei den infizierten Proband:innen ein stärkerer kognitiver Abbau zu beobachten. Die an Sars-CoV-2-Erkrankten litten unter anderem unter Beeinträchtigungen der Konzentration und der Aufmerksamkeit. Am schlechtesten schnitten bei dieser Untersuchung jene Personen ab, die am meisten Hirngewebe verloren hatten.

Grundlage waren 785 Hirnscans

Die Grundlage der Studie bildeten die gemessenen Gehirnveränderungen von 785 Teilnehmenden zwischen 51 und 81 Jahren mithilfe zweier Hirnscans. Die Daten dieser Patient:innen stammen aus der "UK Biobank", eine medizinische Datenbank. Darunter 401 Fälle, die zwischen dem ersten und zweiten Scan positiv auf Sars-CoV-2 getestet wurden. Die Kontrollgruppe bestand aus 384 Personen und keine hatte sich mit dem Coronavirus infiziert.

Zwischen der Diagnose zur Covid-19-Infektion und dem zweiten Scan lagen durchschnittlich viereinhalb Monate. Weil auch Bilder der Gehirne vor der Infektion vorlägen, sei es unwahrscheinlich, dass bereits vor der Ansteckung bestehende Risikofaktoren als Auswirkungen von Covid-19 fehlinterpretiert wurden, heißt es in der Studie. Die Forschenden weisen auch darauf hin, dass die genannten Anomalien in den Gehirnen auch zu beobachten waren, wenn die 15 Personen mit schweren Verläufen, die im Krankenhaus behandelt wurden, aus der Untersuchung ausgeschlossen wurden.

Unklar, ob Veränderungen im Hirn dauerhaft sind

Warum genau es zu diesen Veränderungen im Gehirn der Covid-19-Infizierten gekommen ist, konnten die Wissenschaftler:innen mit dieser Studie noch nicht klären. "Weil die abnormalen Veränderungen, die wir im Gehirn der infizierten Teilnehmenden sehen, zum Teil mit dem Verlust des Geruchssinns zusammenhängen könnten, ist es möglich, dass die Wiederherstellung dazu führt, dass diese Gehirnanomalien mit der Zeit weniger ausgeprägt sind. Ebenso ist es wahrscheinlich, dass die schädlichen Auswirkungen des Virus im Laufe der Zeit nach der Infektion abnehmen. Der beste Weg, dies herauszufinden, wäre, diese Teilnehmenden in ein oder zwei Jahren erneut zu scannen", sagte Gwenaëlle Douaud gegenüber "CNN". Ob diese Gehirnschäden dauerhaft sind, konnte in der Studie also nicht festgestellt werden, dazu sind weitere Untersuchungen nötig.

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Unklar ist auch, an welcher Virusvariante die Proband:innen erkrankt waren, wahrscheinlich ist, dass die meisten Menschen mit der Alpha-Variante infiziert waren, weil diese im Untersuchungszeitraum in Großbritannien vorherrschte. Sie können aber auch mit Beta oder Gamma infiziert gewesen sein. Eine Infektion mit der Delta-Variante halten die Forschenden für unwahrscheinlich. Ebenso bleibt unklar, inwieweit die Impfung einen schützenden Effekt hat, weil keine Informationen zum Impfstatus vorliegen oder ob Hirnscans von jüngeren Menschen ähnliche Anomalien aufweisen würden, wie in der untersuchten Altersgruppe zwischen 51 und 81 Jahren.

Quellen: Nature, CNN

rha

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