Ernährungsverhalten Umdenken durch "Super Size Me"?

Fettleber, Probleme beim Sex und Kurzatmigkeit - Ernährungsexperten hoffen auf eine abschreckende Wirkung des Dokumentarfilms "Super Size Me". Kritiker bezweifeln dies, zu "unrealistisch" sei der Film.

"Der Film ist zwar stark überzogen, trifft aber ein aktuelles Problem im Kern: Die großen Portionen", sagt der Göttinger Ernährungsmediziner Thomas Ellrott. In der Wissenschaft werde dies "Supersizing" genannt. Das Phänomen betreffe aber nicht nur McDonalds, sondern alle Fast-Food-Ketten und auch die Supermärkte. "Es setzt sich durch, dem Kunden immer größere Portionen für sein Geld anzubieten, beispielsweise für 10 Prozent mehr Geld 30 Prozent mehr Kalorien", sagt Ellrott.

Zwolf Kilo Gewichtszunahme in 30 Tagen

Der US-Filmemacher Morgan Spurlock hatte sich wochenlang von Menüs der Fast-Food-Kette McDonalds ernährt. Wenn möglich, griff er zu "Super Size"-Menüs. Er nahm in 30 Tagen zwölf Kilo zu. Seine Ärzte stellten danach allerlei Gesundheitsprobleme bei ihm fest. Der prämierte Film kam am Donnerstag in die deutschen Kinos. Am gleichen Tag hatte Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne) gemeldet, dass die Zahl übergewichtiger Kinder weiter zunehme. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugendmedizin haben 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland zu viel auf den Hüften.

Kunden sähen die angebotenen Großportionen der Fast-Food-Ketten als Schnäppchen und kauften sie aus ökonomischen Gründen, sagt Übergewichtsexperte Ellrott von der Ernährungspsychologischen Forschungsstelle an der Universität in Göttingen. "Langfristig essen sie mehr, weil einmal angebrochene Packungen oder Menüs fast immer aufgegessen werden", Das Stoppsignal komme erst, wenn Teller, Packung oder Tüte leer seien. "So wird eine Gewichtszunahme begünstigt." Ellrott fügt jedoch hinzu, dass viele Fast-Food-Ketten, so auch McDonalds, inzwischen gesündere Alternativen auf der Speisekarte haben.

Kritiker finden den Film "unrealistisch"

Auch andere Experten springen McDonalds bei. Der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde schreibt: "Eine Fokussierung der Übergewichts-Diskussion auf einzelne Lebensmittel wird der komplexen Thematik nicht gerecht." McDonalds selbst bezeichnete Spurlocks Selbstversuch als unverantwortlich und realitätsfremd.

"Die Menschen sollten begreifen, dass es nicht um McDonalds geht", sagt die Sprecherin des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) in Potsdam-Rehbrücke, Gunda Backes. "Im Prinzip hat der Filmemacher ja viele Kalorien zu sich genommen. Die Gewichtszunahme und die Erhöhung der Cholesterinwerte hätte er auch mit anderen Gerichten mit identischer Kalorienmenge erreichen können."

Backes bezweifelt eine Wirkung des Films. "Ich denke, dass die meisten Menschen den Film nicht auf sich beziehen, weil er so unrealistisch ist: Nur wenige Menschen essen drei Mal am Tag solche Mengen bei McDonalds" Nach Ansicht von Ellrott wird "Super Size Me" eine gewisse abschreckende Wirkung haben, die Frage sei aber, ob er die wirklich betroffene Zielgruppe erreiche: Nämlich die "Heavy User" von Fast Food, die immer zum größten Menü griffen und körperlich inaktiv seien. "Die BSE-Krise oder der Nitrofenskandal zeigen außerdem, dass die Menschen nach einiger Zeit wieder zurückkehren zum "Normalen" und doch wieder Rindfleisch und Ökoprodukte kaufen."

Christiane Löll, DPA

PRODUKTE & TIPPS

Kaufkosmos