Illegale Arzneimittel Gefälschte Diabetes-Spritzen: Was Sie jetzt wissen müssen

Zwei blaue Injektions-Pens, oben in hellblau das Original-Diabetesmittel Ozempic, unten eine Fälschung
Original und Fälschung: Der echte Ozempic-Pen ist etwas heller, das Sichtfenster grau eingefasst statt transparent 
© Bundeskriminalamt Österreich
Behörden warnen vor Kopien des Diabetesmittels Ozempic, das als Abnehmspritze populär wurde. Warum die Fälschungen so gefährlich sind, wie Sie sie erkennen und was Sie als Betroffene tun können.

Die Diabetes-Spritze Ozempic wird von Ärzten und Ärztinnen seit einigen Monaten auch "off Label" (außerhalb des Anwendungsgebietes) zum Abnehmen verschrieben. Der enthaltende Wirkstoff Semaglutid senkt nämlich nicht nur den Blutzuckerspiegel, sondern auch den Appetit – was die Injektions-Pens der Firma Novo Nordisk zeitweise so populär machte, dass sie für Zuckerkranke nur noch schwierig in Apotheken zu bekommen waren. Nun sind in mehreren Ländern Fälschungen der markanten hellblauen Plastikspritzen aufgetaucht. In Österreich und der Schweiz brachten sie offenbar bereits Menschen in Lebensgefahr. Doch die Fakes lassen sich erkennen. Was Sie jetzt dazu wissen müssen.

Woher stammen die Fälschungen?

Aus öffentlichen Apotheken stammen sie nach bisherigen Erkenntnissen wohl nicht. Die europäische Arzneibehörde EMA warnte vor einigen Tagen davor, dass fälschlicherweise mit Ozempic der Dosierung 1 Milligramm gelabelte Pens bei mehreren Pharmagroßhändlern in der EU und Großbritannien aufgetaucht seien. Großhändler in Deutschland und Österreich wurden von den Behörden kritisiert, weil sie sich nicht an Sicherheitsauflagen zum Vertrieb von Arzneimitteln gehalten hätten.

In Deutschland ermittelt die Staatsanwaltschaft Freiburg gegen einen Pharmagroßhändler im Südwesten von Baden-Württemberg. In Österreich wurde die betroffene Charge wohl über einen dort ansässigen Arzt bezogen, teilte das Bundeskriminalamt in Wien kürzlich mit. Medienberichten zufolge soll es sich dabei um einen Schönheitschirurgen aus Salzburg handeln. Die österreichische Behörde geht offenbar davon aus, dass die Spritzen die Kundinnen oder Kunden nicht auf legalem Weg erreichten (also etwa über Apotheken), sondern "über einen anderen Weg" bezogen worden sein dürften. Ob der Arzt die Spritzen zum Beispiel im Internet bestellt hatte, ist aber noch unklar.

Wie gefährlich sind die Mittel?

Offenbar lebensgefährlich. Grundsätzlich können Arzneimittelfälschungen immer gesundheitsgefährdend sein: weil ihre Qualität von keiner Behörde überprüft wurde, weil sie verunreinigt sein können oder eventuell unbekannte Substanzen enthalten. In Österreich landeten zuletzt mehrere Menschen im Krankenhaus, die sich zuvor mutmaßlich gefälschtes Ozempic gespritzt hatten. In der Schweiz wurden ähnliche Fälle schon Anfang Juli bekannt.

Dass die Betroffenen an Symptomen einer Unterzuckerung (Hypoglykämie) und an Krampfanfällen litten, sieht das Österreichische Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen als Indiz, "dass in dem Produkt fälschlich Insulin anstelle des Wirkstoffs Semaglutid enthalten war". In der Schweiz wurde im Sommer ein Insulin-Pen in einer angeblichen Ozempic-Packung gefunden. Da Insulin, das sich auch Diabetikerinnen und Diabetiker injizieren, den Blutzuckerspiegel schnell und stark senken kann, können innerhalb von Minuten typische Symptome einer Unterzucker auftreten: Die Betroffenen fangen an zu zittern, schwitzen oder leiden unter Bewusstseinsstörungen – bis hin zu kompletter Bewusstlosigkeit. Bei Verdacht auf eine schwere Unterzuckerung sollte man sofort die 112 wählen und einen Notarzt rufen.

Wie erkenne ich gefälschte Spritzen?

Auch bei den bisher bekannten Fälschungen handelt es sich um blaue Injektions-Pens, aber sie unterscheiden sich in wichtigen Details von den Originalen:

Das österreichische Bundeskriminalamt weist darauf hin, dass das Blau der gefälschten Pens dunkler sei als bei den echten Spritzen und das Anzeigefenster mit der Dosierskala komplett durchsichtig, während es beim Original grau eingefasst ist (siehe Bild auf dieser Seite). Beim Fake-Produkt fährt der Dosiseinstellring aus, beim Original tut er das nicht. Die der Spritze beiliegenden Originalnadeln sollen mit 32g beschriftet sein, lautet der Aufdruck bei der Fälschung "31g".

Als verdächtig bezeichnet das deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Packungen mit dem Produktcode: 04150153985573, der angeblichen Dosierung 1 mg und folgenden Aufdrucken:

• Charge: MP5E511, Verfallsdatum: 07/2025, Seriennummer: 1946483405690

• Charge: NP5G866, Verfallsdatum: 12/2025, Seriennummer: 1031002838555

Allerdings schränkt die Behörde ein: "Da es sich um zwei Originalchargen des Arzneimittels handelt, sind nicht alle Packungen der oben genannten Chargen betroffen."

Wie lassen sich Fälschungen abfangen?

Die Jagd nach illegalen Medikamenten basiert auf einer Kombination aus Sicherheitsdaten und mühsamer Handarbeit: Schon bei der Herstellung versehen Pharmaunternehmen ihre Arzneimittel mit wiedererkennbaren Sicherheitsmerkmalen wie Seriennummer oder Verfallsdatum, die in Klarschrift sowie in Form eines Codes auf die Packungen aufgebracht und in einer Datenbank gespeichert werden. Dieser Code wird in der Apotheke vor Abgabe an den Patienten gescannt und mit der Datenbank abgeglichen. Existiert der Code nicht, löst das System einen Alarm aus: Diese Packung ist verdächtig.

Ist allerdings die Kartonverpackung unauffällig, muss der Inhalt zur Not von Hand geprüft werden: Im Fall der gefälschten Abnehmspritzen hat das BfArM nun Apothekerinnen und Apotheker gebeten, jeden Karton mit Ozempic-Spritzen zu öffnen und zu kontrollieren, ob sich darin tatsächlich die echten Injektions-Pens befinden.

Was mache ich, wenn ich den Verdacht habe, ein gefälschtes Produkt erworben zu haben?

Lassen Sie es in einer Apotheke überprüfen: Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte rät, das verdächtige Produkt auf keinen Fall zu verwenden, sondern es umgehend in eine Apotheke zu bringen – zur Kontrolle, Weitergabe an die Behörden und gegebenenfalls Entsorgung.

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