Gamechanger? Wegovy und Ozempic: Studie zeigt erstmals, wie sich die Abnehmspritzen wirklich auf den Körper auswirken

Mann mit Ozempic-Spritze, einer Abnehmspritze
Kilos wegspritzen? Abnehmspritzen versprechen eine leichte Gewichtsabnahme
© Ulrich Roth / Imago Images
Kleiner Pieks, großer Gewichtsverlust? Abnehmspritzen versprechen schier sagenhafte Ergebnisse ohne viel Aufwand. Welche Effekte Wegovy und Ozempic außer Gewichtsverlust aber noch auf den Körper haben können, zeigen neue Studienergebnisse.

Abnehmen, ohne selbst viel dafür tun zu müssen. Mit den sogenannten Abnehmspritzen scheint dieser Traum endlich wahrzuwerden. Ein Pieks pro Woche und die Kilos purzeln. Erfolgsberichte auf Social Media und von Prominenten wie Elon Musk befeuern den Hype um die Spritzen. Entsprechend sehnsüchtig wurde die Einführung in Deutschland erwartet. Seit kurzem sind die vermeintlichen Wunderwaffen Wegovy und Ozempic gegen unliebsame körpereigene Fettreservate auch hierzulande erhältlich. Sowohl bei dem Abnehmmittel Wegovy als auch bei dem Diabetesmittel Ozempic handelt es sich um Mittel mit dem Inhaltsstoff Semaglutid. Aber sind die Abnehmspritzen wirklich so gut wie ihr Ruf? Und wie wirken sich die Spritzen mittelfristig auf die Gesundheit aus? Eine neue Studie liefert nun bemerkenswerte Antworten.

Für die Studie hatten die Forschenden erstmals an 17.600 Patienten untersucht, welchen Effekt das Mittel auf Patienten über 44 Jahren mit vorbestehender kardiovaskulärer Erkrankung und Übergewicht, aber ohne Diabetes, hat. Dafür erhielten 8803 Probanden einmal wöchentlich eine Semaglutid-Dosis von 2,4 Milligramm, 8801 Probanden bekamen ein Placebo-Präparat. Die durchschnittliche Nachbeobachtungszeit betrug knapp 40 Monate. Dabei zeigte sich, dass die Einnahme von Semaglutid im Vergleich zu Placebo das Risiko verringerte, einen nicht-tödlichen Myokardinfarkt oder einen nicht-tödlichen Schlaganfall zu erleiden oder aufgrund eines kardiovaskulären Problems zu versterben. Bereits nach etwa sechs Monaten begannen sich positive Effekte zu zeigen, die über den gesamten Nachbeobachtungszeitraum anhielten.

Abnehmspritzen – auch das Herz profitiert

Menschen mit Übergewicht und Adipositas haben ein erhöhtes Risiko für Erkrankungen des Herz- und Gefäßsystems, dazu gehören Herzinfarkt und Schlaganfall. "Die Behandlung von übergewichtigen Patienten ohne Diabetes mit Herz-Kreislaufvorerkrankungen mit Semaglutid für circa drei Jahre hat dazu geführt, dass die Patienten etwa 15 Prozent ihres Gewichts verloren haben und circa 20 Prozent weniger Schlaganfälle und Herzinfarkte erlitten – und das, ohne dass schwere Nebenwirkungen auftraten", erklärt Alexander Bartelt, Leiter der Forschungsgruppe für Kardiovaskulären Stoffwechsel am Klinikum der Universität München, die Ergebnisse. Insgesamt verbessere die Behandlung und die damit verbundene Gewichtsreduktion den Stoffwechsel und reduziere damit kardiovaskuläre Risikofaktoren wie Blutfette, Blutdruck und Entzündungsmediatoren, so Bartelt. 

Nicht bekannt ist bisher, über welchen Mechanismus das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen gesenkt wird – als Nebeneffekt der Gewichtsabnahme oder als direkter Effekt des Medikaments auf das Herz-Kreislauf-System. "Ebenfalls lässt sich nur schwer sagen, inwiefern die 33-monatige Behandlung im Verhältnis zum Ergebnis steht, da wir nicht wissen, wie die Ergebnisse aussehen würden, wenn man deutlich länger behandeln würde", meint Timo Müller, kommissarischer Direktor und Leiter der Abteilung für Molekulare Pharmakologie, Institut für Diabetesforschung, am Helmholtz-Zentrum München.

Wegovy und Ozempic als mögliche Gamechanger?

Die Studienergebnisse stimmen die Experten positiv. Während Patienten, die schnell viel Gewicht verlieren müssen, bisher oft nur ein chirurgischer Eingriff geblieben sei, stünden ihnen nun durch die Behandlung mit Semaglutid bessere Optionen zur Verfügung, um erstmal eine große Menge Gewicht zu verlieren, so Bartelt. Im Anschluss könne der Lebenswandel unterstützen, das neue Gewicht zu halten. Für Andreas Zeiher, außerordentlicher Professor für Kardiologie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität, könnte das Therapie-Prinzip sogar "ein sogenannter 'gamechanger' in der Sekundärprävention atherosklerotischer Erkrankungen werden, bei denen Übergewicht ein wesentlicher Risikofaktor ist".

Warum eine Behandlung mit den Abnehmspritzen dennoch gut bedacht sein sollte, viele Übergewichtige kaum bis gar nicht von den Mitteln profitieren und sie schon gar nicht als Lifestyle-Produkt taugen, hat Nicole Heißmann in einem Kommentar zusammengefasst, Sie finden ihn hier.

Die Ergebnisse der SELECT-Studie wurden jetzt im Fachjournal "The New England Journal of Medicine" veröffentlicht. Die Expertenstimmen stammen vom Science Media Center Deutschland.

 

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