Konflikte in der Partnerschaft Wie Sie Krisen gemeinsam meistern

Missverstehen, kritisieren, schimpfen: Viele Ehen scheitern am Alltagsstress. Paartherapeutin Nina Zucker gibt Tipps, wie Paare stressige Zeiten besser überstehen.

Frau Zucker, einem Paar stehen stressreiche Wochen bevor, in denen es sich nur die Klinke in die Hand reichen wird. Was können die beiden tun, damit sie die Zeit ohne Beziehungsblessuren überstehen?
Der erste Schritt ist schon getan, wenn sich das Paar bewusst ist, dass die nächste Zeit stressig wird. Denn dann kann es absprechen, wer wann was machen kann oder was gegebenenfalls auch mal liegen bleibt. Und, ganz wichtig, die Erwartungen an den Partner runterschrauben! Wenn klar ist, dass es sich um einen begrenzten Zeitraum handelt, kann man einander mal mehr Freiraum geben und sollte in solchen Zeiten nicht auf gewohnten Ritualen oder Konventionen bestehen.

Also was tun, wenn der Mann Stress im Job hat?
Mein Rat an Frauen: Lasst eure Männer dann einfach in Ruhe.

Und wenn die Frau gestresst nach Hause kommt, wie sollte ihr Mann sich verhalten?
Zuhören, ohne der Frau gleich mit Lösungsvorschlägen zu kommen. Ihr Mut zusprechen, sie loben, ihre Bemühungen achten. Beide sollten sich das Gefühl der gegenseitigen Rückendeckung geben - also betonen, dass, selbst wenn alles schiefgeht, der andere immer noch da ist. Und man die Krise auf jeden Fall zusammen bewältigen kann.

Und dann passiert es trotz aller Absprachen, dass der eine den anderen als Blitzableiter benutzt, um den Stress aus dem Job abzubauen. Was dann?
Manchmal kann es hilfreich sein, im Voraus für solche Situationen ein Codewort zu vereinbaren. Das kann ganz schlicht das Wort Stopp sein, aber möglicherweise auch etwas Humoriges, denn gemeinsames Lachen entspannt jede Situation sofort.

Und wenn Streit unvermeidbar wird?
Dann sollten beide darauf achten, von sich und den eigenen Gefühlen und Wünschen zu sprechen und tunlichst Du-Botschaften wie "Du tust immer" oder "Du machst nie" zu vermeiden. Die bringen ein Streitgespräch erst richtig in Fahrt und führen zu nichts.

Was kann ein Paar tun, wenn Stress ein wiederkehrender Teil des Alltags ist? Man kann sich ja nicht immer aus dem Weg gehen.
Dann wird das Gegenteil wichtig: regelmäßig Freizeit miteinander zu verbringen, zu der man sich verabredet. Jede Woche mindestens zwei Stunden, in denen man miteinander spricht, etwas unternimmt, Zärtlichkeiten austauscht oder auch Sex hat. Wenn es ein Paar über Jahre nicht schafft, solche Zeiten miteinander zu verabreden, frage ich es: Was wollen Sie überhaupt noch voneinander?

Was kann jeder Einzelne noch tun?
Lernen, auf die eigenen Körpersignale zu achten, die einem Stress anzeigen. Eine verkrampfte Haltung, flache Atmung, eine laute oder hohe Stimme oder Tunnelblick können Anzeichen dafür sein, dass man sehr gestresst ist. Wer gelernt hat, auf seinen Körper zu achten, kann rechtzeitig für sich sorgen und sich seinem Partner besser mitteilen. Man sollte auf keinen Fall erwarten, dass der andere von alleine weiß, was gut für einen ist. Nichts ist selbstverständlich, wir schauen alle durch unsere ganz persönliche Brille auf das Leben.

Mehr zum Thema Stressbewältigung - im Job, im Alltag und in der Partnerschaft - finden Sie im aktuellen "Gesund Leben".

Zur Person

Isadora Tast Nina Zucker, 41, arbeitet als Therapeutin in ihrer Privatpraxis mit Menschen, die den Kontakt zum Partner als unbefriedigend erleben

Sannah Koch

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