Medikamente Vorbeugen mit Aspirin?

Seit mehr als 100 Jahren schlucken Schmerzgeplagte aus aller Welt Aspirin. Dessen Wirkstoff Acetylsalicylsäure (ASS) nimmt die Schmerzen, bremst Entzündungen und senkt Fieber. Seit einigen Jahren wird das Mittel auch vorbeugend eingesetzt: Bei Menschen mit verengten Blutgefäßen hemmt ASS - niedrig dosiert - die Bildung von Blutgerinnseln und verringert damit das Risiko für einen (erneuten) Schlaganfall oder Herzinfarkt.

Sollten deshalb Gesunde das Medikament schon mal vorsichtshalber einnehmen? "Ein klares Nein, weil die Risiken den Nutzen bei diesen Menschen übersteigen", sagt Privatdozent Dirk Stichtenoth, Leiter des Instituts für Klinische Pharmakologie der Medizinischen Hochschule Hannover.

Die wichtigsten Studien zusammengetragen

Ähnlich äußerte sich jüngst eine internationale Expertengruppe um den italienischen Pharmakologen Carlo Patrono von der Universität Rom im medizinischen Fachjournal "New England Journal of Medicine". Sie hat die wichtigsten Studien zur Vorbeugung mit ASS zusammengetragen und analysiert.

Das Ergebnis: Bei Menschen mit verengten Blutgefäßen, so genannten Hochrisikopatienten, verringert ASS die Gefahr eines plötzlichen Gefäßverschlusses um rund 25 Prozent - und verhindert damit einen Herzinfarkt, einen Schlaganfall oder sogar den Tod durch ein schweres Gefäßleiden. Notwendig sind dazu täglich um die 100 Milligramm des Wirkstoffs.

Das Risiko von Blutungen steigt

Nimmt man ASS lange ein, steigt allerdings das Risiko einer größeren Blutung im Magen-Darm-Trakt und die Gefahr einer Hirnblutung. Trotzdem stellen die Autoren fest, dass für die meisten Hochrisikopatienten die positiven Wirkungen deutlich überwiegen.

Anders sieht es bei Gesunden aus. Studien zeigen für sie widersprüchliche Ergebnisse: Mal senkt ASS das Herzinfarktrisiko, hat aber keinen Einfluss auf die Schlaganfallgefahr. In einer anderen Studie sinkt das Schlaganfallrisiko, aber nicht die Herzinfarktrate. Die Autoren um Carlo Patrono stellen fest, dass die Vorteile von ASS bei Gesunden nach derzeitiger Lage nicht klar die Schäden überwiegen.

Menschen über 70 Jahre unterrepräsentiert

Ein weiteres Problem: In den Studien sind Menschen über 70 Jahre unterrepräsentiert. Doch gerade bei ihnen steigt mit der Langzeittherapie das Risiko für eine Magen-Darm-Blutung.

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Arnd Schweitzer

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