Medizin Unterstützen Amphetamine die Regeneration von Schlaganfallpatienten?

In einer neuen Studie der Universität Bochum erscheint die Modedroge Speed in neuem Licht. Danach können Amphetamine bei bestimmten passiven Trainingsmethoden den Lernerfolg bei Hirnerkrankungen verdoppeln.

Amphetamin ist in der einschlägigen Szene bekannt unter Bezeichnungen wie „Speed“ oder „Go-Pills“. Die als Wachmacher verwendete Psychodroge könnte aber auch Menschen neue Hoffnung geben, die nach einem Schlaganfall oder einer Hirnverletzung unter neurologischen Störungen leiden. Forscher der Ruhr-Universität Bochum haben nach Angaben vom Freitag herausgefunden, dass bei bestimmten passiven Trainingsmethoden der Lernerfolg durch Amphetamin verdoppelt werden kann.

Neue Studienergebnisse zur Verbesserung des perzeptuellen Lernens

Der Neuroinformatiker Hubert Dinse und der Neurologieprofessor Martin Tegenthoff haben Ergebnisse ihrer Forschung über das so genannte perzeptuelle Lernen in der neuen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Science“ veröffentlicht. Wahrnehmungsleistungen können durch Training verbessert werden.

"Zeigefinger-Test": Elektrische Impulse verbessern sensitive Wahrnehmung der Testpersonen

Im Test maßen die Wissenschaftler die Fähigkeit, mit der Zeigefingerkuppe zwei dünne Drahtstifte noch als getrennt wahrzunehmen, wenn deren Abstand immer weiter verringert wird.

Um die individuelle „Zweipunktdiskriminationsschwelle“ zu verbessern, entwickelten die Forscher eine passive Trainingseinrichtung. Mit schwachen elektrischen Impulsen reizten sie gleichzeitig mit niedriger Rate (ein Reiz je Sekunde) kleine Bereiche der Zeigefingerspitzen von Versuchspersonen. Da diese „Coaktivierung“ mit Hilfe eines tragbaren Kästchen erfolge, konnten die Testpersonen dabei normalen Tätigkeiten nachgehen. Das Ergebnis: Nach drei Stunden hatte sich die sogeannte "taktile Diskriminationsfähigkeit" vorübergehend für einen Zeitraum von 24 Stunden verbessert.

Gleichzeitig erfassten die Forscher mit 32 Elektroden über der gesamten Hirnrinde die beim perzeptuellen Lernen ablaufenden Vorgänge. Die Hirnstrommessungen zeigten eine Verschiebung und Vergrößerung der Repräsentation des Zeigefingers auf der Hirnoberfläche, wenn sich die Diskriminationsfähigkeit verbesserte.

Amphetamin verdoppelt den Lernerfolg

Da die Effizienz der Synapsen, der Signalverbindungen zwischen Nervenzellen, von bekannten chemischen Mechanismen bestimmt wird, prüften die Wissenschaftler im nächsten Schritt, ob durch entsprechende Medikamente der messbare Lernerfolg verändert wird. Eine einmalige Gabe Amphetamin führte bei den Testpersonen zu einer Verdoppelung des Lernerfolges. Die Hirnstrommessungen zeigten entsprechende Veränderungen.

Ein neuer Meilenstein?

Diese Ergebnisse stünden möglicherweise am Anfang einer neuen Ära, in der sich Gehirnfunktionen und damit das Verhalten durch eine Kombination von Training, Stimulation und medikamentöser Therapie aktiv und gezielt verändern ließen, erklärte die Universität. Das entwickelte Coaktivierungsprotokoll beruht auf einer passiven Stimulation über mehrere Stunden, die zu massiven Änderungen von Gehirnorganisation und Verhalten führte. Dieses passive Training verspreche neue Therapieansätze gerade für ältere Menschen oder Patienten mit neurologischen Störungen, zum Beispiel nach einem Schlaganfall oder einer Hirnverletzung, hieß es. Sie könnten sich oft nicht ausreichend lange auf die erforderlichen Therapien konzentrieren oder selbst aktiv mitmachen.

DPA

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