Vor dem Obersten Gericht im US-Bundesstaat New York wird ein außergewöhnlicher Fall verhandelt: Ein junger Notarzt in Buffalo hatte einen Patienten, der nach einem schweren Herzinfarkt eingeliefert worden war, für tot erklärt - ein Fehler, wie sich später herausstellte. Erst nach über zweieinhalb Stunden erkannte der Arzt seine Fehleinschätzung. Aber es war zu spät. Der Familienvater verstarb mit 46 Jahren.
Die verzweifelte Frage, die sich die Angehörigen stellen, lautet natürlich: Hätte Michael Cleveland gerettet werden können? Und warum hörte der Arzt so lange nicht auf die Hinweise der Familie, die eindeutige Lebenszeichen des vermeintlich Verstorbenen erkannten?
Schwerer Herzinfarkt im Supermarkt
Noch läuft der Prozess, doch für die Angeklagten, unter ihnen der Arzt und der Betreiber des Krankenhauses, sieht es nicht gut aus, wie die "Washington Post" berichtet.
Michael Cleveland ist an einem frühen Abend im Oktober 2014 mit seinem Sohn im Supermarkt einkaufen, als er einen schweren Infarkt erleidet. Er bricht auf der Stelle bewusstlos zusammen und atmet kaum noch. Um kurz nach acht liefert ihn die Ambulanz in die Notaufnahme ein, um 20.29 Uhr erklärt ihn der junge und unerfahrende Notarzt für tot. Die Geräte werden abgeschaltet, die Familie im Behandlungszimmer, in dem Cleveland liegt, muss Abschied nehmen.
Die folgenden zwei Stunden und 40 Minuten werden für die Familie allerdings zum Horrortrip. Denn der 46-Jährige scheint gar nicht tot zu sein. Er atmet, sein Brustkorb hebt und senkt sich leicht, mit der Zunge versucht der angeblich Verstorbene, den Beatmungsschlauch aus dem Mund zu schieben, er beugt seine Knie auf der Tragbahre. So beschreibt es die Familie vor Gericht.
Sogar der Gerichtsmediziner protestiert
Doch der junge Arzt ignoriert die Bitten der Ehefrau, ihren Mann noch einmal zu untersuchen. Das angebliche Atmen rühre von der Luft her, die noch in den Lungen ihres Mannes sei, sagt der Arzt. "Er nahm sich für mich überhaupt keine Zeit", sagte sie der "Washington Post". Fünf Mal besucht der Notarzt den Raum, in dem Cleveland liegt - und unternimmt nichts.

Schließlich trifft ein Gerichtsmediziner ein, um die Leiche abzutransportieren. Doch auch er hat Zweifel, dass der Mann wirklich tot ist. "Tote Leute bewegen sich nicht", protestiert er beim Arzt und bei den Krankenschwestern laut einer eidesstattlichen Erklärung. Er fordert den Arzt auf, den Patienten erneut zu untersuchen. Erst als die Ehefrau schließlich einen Puls am Hals entdeckt, der deutlich zu sehen ist, wird der Notarzt aktiv und hört endlich das das Herz ab.
“Oh mein Gott", soll der Arzt laut Aussage der Ehefrau eingestehen, "er ist am Leben" . Sie antwortetet demnach: "Nein, scheiße, dass habe ich ihnen doch stundenlang erzählt." Jetzt endlich wird Cleveland in ein anderes Krankenhaus verlegt und medizinisch adäquat versorgt. Doch es ist zu spät, der Familienvater stirbt Stunden später.
Der angeklagte Arzt behauptet, selbst bei sofortiger Behandlung hätte er den Familienvater nicht retten können. Eine Herzarterie war komplett dicht. Der Medizinexperte der Familie sagt, es wäre genug Zeit gewesen, um Cleveland zu retten. Das Gericht muss jetzt zu einem Urteil kommen.