Psychische Krankheiten bei Kindern Leon fürchtete sich so sehr vor Dunkelheit, dass er nicht allein schlafen wollte – hier bekommt er Hilfe

An der Ruhr-Uni Bochum werden psychische Probleme von Kindern und Jugendlichen behandelt und Therapien systematisch erforscht. Das Ziel: bessere Psychotherapie für alle. 
Therapeut Robin Zimmermann spielt Karten mit seinem Patienten
Im Therapiegespräch mit Leon, 9, lässt Psychologe Robin Zimmermann das Spielen nicht zu kurz kommen
© ALIONA KARDASH

Die Tür steht einen Spaltbreit auf. Dahinter: nichts als Dunkelheit. Das bisschen Licht, das in den Raum fällt, lässt erahnen, dass der eher eine Kammer ist. Und dass sie kein Fenster hat. Im Flur geht Robin Zimmermann in die Hocke. Der Psychologe im rot-schwarz karierten Hemd will auf Augenhöhe mit Leon* sprechen, einem Jungen mit langem blondem Haar: "Wiederholst du, was ich gerade gesagt habe, damit wir sicher sind, dass du alles verstanden hast?" Der Neunjährige nickt: "Wenn ich Angst bekomme, kann ich aufhören."

Ob er jetzt gerade Angst habe? "Nein, null", sagt Leon und betritt entschlossen den dunklen Raum. Zimmermann schließt die Tür hinter ihm, es muss drinnen nun stockdunkel sein. Dann startet der 29-Jährige den Timer an seinem Handy. Fünf Minuten lang soll Leon in der Kammer stehen bleiben. Allein in völliger Dunkelheit. Wenn er das schafft, ist seine Angst besiegt und die Therapie erfolgreich beendet.

Leons Mutter brachte ihren Sohn vor neun Monaten ins Forschungs- und Behandlungszentrum für psychische Gesundheit (FBZ). Er fürchtete sich so sehr vor Dunkelheit, dass er nicht allein in seinem Zimmer schlafen wollte und nachts nicht über den Flur auf die Toilette gehen konnte. Den Kleinsten Ängste zu nehmen gehört zu den Spezialitäten der Klinischen Kinder- und Jugendpsychologie am FBZ. In dem ambulanten Zentrum, das zur Ruhr-Universität Bochum gehört, finden Menschen aller Altersgruppen mit psychischen Problemen und Störungen Hilfe, mehr als 3000 sind es jedes Jahr.

Wer hier einen Termin hat, meldet sich am Empfang im großzügigen Foyer: links befindet sich das Sekretariat für die erwachsenen Patienten, rechts das für die Kinder. Ein Bildschirm über dem Tresen zeigt an, welche Therapieräume wann an diesem Tag belegt sind. Regale und große Pflanzen teilen den Wartebereich auf, alles ist in Weiß, Grün und Orange gehalten. Heute ist offene Sprechstunde, jeder kann für ein erstes Gespräch herkommen. Ein Grundschüler sitzt neben seinem Vater, ein Mädchen im Teenageralter hat allein auf einem der Stühle Platz genommen.

Erschienen in der stern-Sonderausgabe "Gute Ärzte für mich"

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